Praktisch jeder kennt das Lustige Taschenbuch und ist vertraut mit Figuren wie Donald oder Dagobert. Doch im patriotischen Lager ist die Welt von Entenhausen bei einigen Leuten alles andere als beliebt. Sowohl Björn Höcke als auch Ellen Kositza haben mehrfach Kritik daran geäußert. Aber woher kommt diese Abneigung?
- Ist es eine grundsätzliche Abneigung gegen Disney, weil der Konzern in den letzten Jahren so woke und links geworden ist? Etwas womit er im Übrigen klar von seinem Gründer Walt Disney abweicht, der entschiedener Antikommunist war.
- Liegt es daran, dass gerade in den frühen Lustigen Taschenbüchern übertrieben viel Gewalt gegen Enten vorkam?
- Oder liegt die Abneigung darin begründet, dass es in vielen Geschichten eben keine Eltern, sondern nur Neffen und Nichten gibt und man dahinter eine Verschwörung gegen die traditionelle Familie sowie eine Umerziehung der Kinder später keinen eigenen Nachwuchs zu bekommen wittert?
Auch das ist etwas was mir manchmal missfällt. Sollte Ersteres jedoch der Fall sein, so könnte man zumindest die früheren Geschichten rund um Entenhausen schätzen, die unter dem Antikommunisten Walt Disney entstanden.
Trifft der mittlere Punkt zu, sei der Hinweis erlaubt, dass viele dieser Geschichten aus Italien kommen und man dort ein anderes Bild von Entenhausen hat; etwa das Dagobert und Dorette Geschwister wären, was natürlich Unsinn ist und auch von einem der beiden Autoren, die hier behandelt werden, klar verneint wird.
Das Werk vom Konzern trennen
Sollte jedoch der letzte Punkt zutreffen, kann man auch ganz einfach andere Geschichten zur Hand nehmen; etwa die von Carl Barks und Don Rosa. Zumal man ja auch das Werk eines Künstlers von dem Unternehmen trennen kann, das es veröffentlicht. Ein Beispiel: Als der Autor dieser Zeilen das Buch „Von Sedan nach Paris“ beim EK2-Verlag veröffentlichte, war der Verleger jemand, der lieber heute als morgen die „Vereinigten Staaten von Europa“ gehabt hätte. Meine Wenigkeit ist da natürlich ganz anderer Ansicht, aber wir gingen respektvoll mit einander um und in dem Verlag kamen mehrere gute Soldatengeschichten heraus.
Den EK2-Verlag gibt es nicht mehr und auch Disney ist derzeit eher auf dem absteigenden Ast, weil vielen die Wokeness sauer aufstößt. Von Wokeness oder linkem Zeitgeist ist bei Barks und Rosa jedoch keine Spur. Bei Barks kommen die Panzerknacker oftmals wie kommunistische Gauner rüber, die Dagoberts Vermögen zu ihren Gunsten umverteilen möchten. Umlegen möchten die Jungs von der dritten Panzerknackergeneration Dagobert jedoch nicht, wie sie in Barks „Die Schauergeschichte von Schloß Schauerstein“ (1965) klar erklären, denn sie „brauchen die Kapitalisten“. Wen sollten sie sonst ausrauben?
Man kann jedoch nicht von Carl Barks sprechen, ohne die deutsche Übersetzerin Dr. Erika Fuchs zu erwähnen. Nicht zuletzt dank ihr fanden zahlreiche Zitate von Goethe und Schiller ihren Weg in die deutsche Welt von Entenhausen. Frau Dr. Fuchs verdanken wir, dass viele Barks-Geschichten wirken, als würden sie in unserem geliebten Deutschland spielen.
Erika Fuchs und das deutsche Entenhausen
Schon von Hause aus dürfte ihr die deutsche Kultur sehr am Herzen gelegen haben. Ihr Vater August Petri saß für die national-konservative DNVP im Stadtrat von Belgard an der Persante (Pommern). Die Gute hatte Kunstgeschichte mit den Nebenfächern Archäologie und Mittelalterliche Geschichte studiert, als Unis noch etwas waren, was den Namen „Universitäten“ verdiente.
Nicht zuletzt der Arbeit von Frau Dr. Fuchs verdanken wir die typischen Begriffe wie „Kreuzer“ und „Taler“, aber auch zahlreiche Straßennamen, die man nur am Rande mitbekommt. Die wohl gravierendste aber selten reflektierte Änderung sind natürlich die Eindeutschung vieler der Namen. Dagobert klingt einfach schöner als Scrooge McDuck und Entenhausen heimeliger als Duckbörg (sic!). Generell Entenhausen, dass eigentlich vom alten San Francisco inspiriert wurde, wirkt auch durch ihre Übersetzung in unsere Sprache oft eher beschaulich und gemütlich wie eine mitteleuropäische Stadt. Was natürlich auch an den Zeichnungen der beiden hier behandelten Autoren liegt.
Liest man Barks und Rosa kann man sich in die gute alte Zeit zurückversetzen, als unsere Heimat noch keine „Bereicherung“ empfangen hatte wie unsere Politiker sie mögen, sondern höchstens ECHTE Bereicherung durch Dagobert Duck, der aus Schottland nach Entenhausen einwanderte, dort seinen Geldspeicher baute und den Menschen Arbeitsplätze verschaffte. Sowohl bei der Bezahlung seiner Angestellten als auch bei sich selbst setzt Dagobert auf „Nur Bares ist Wahres“. Irrsinnige Entwicklungen wie ein digitaler Euro wären ihm ein Graus. Ebenso wären mit ihm als Finanzminister mehr als 2 Billionen Euro Schulden undenkbar. Eine Abschaffung des Bargeldes? Nicht mit ihm! Da bleibt Dagobert sich treu, egal ob bei Barks oder Rosa.
Blut wiegt schwerer als Geld
Die Geschichten von Rosa bauen übrigens sehr detailgetreu auf denen von Barks auf und gerade dort werden sehr stark konservative Werte vertreten. In den meisten Geschichten geht es um den Wert der Familie, die Verteidigung des Eigenen, die Liebe zur Heimat und zur eigenen Kultur. Die Dagobert Duck Biographie „Sein Leben, seine Milliarden“ sowie die darin enthaltenen Zusatzkapitel und die Geschichte „Ein Brief von daheim“ zeigen ziemlich deutlich, worum es Dagobert Duck wirklich geht. Im ersten Kapitel „Der Letzte aus dem Clan der Ducks“ bekämpft der junge Dagobert die Feinde seiner Familie, welche die Gräber seiner Vorfahren schänden wollen. Im fünften Kapitel „Der Retter der Duckenburg“ verteidigt er den Stammsitz seiner Ahnen gegen dieselben Verbrecher. Am Ende des elften Kapitels zerstreitet er sich mit seiner Familie, verträgt sich aber in Kapitel zwölf zumindest wieder mit seinem Neffen Donald und lernt Tick, Trick und Track kennen.
Es wird auch oft deutlich wieso Dagobert seinen widerwilligen Neffen Donald und seine drei Großneffen mit auf Abenteuer schleppt; er möchte seine Familie um sich haben, die ihm sehr am Herzen liegt. Er erkennt in Rosas Werken mehr als deutlich, wie viel wichtiger ihm seine Familie als sein Geld ist. Diese besteht darin im Übrigen nicht nur aus Neffen und Nichten, sondern auch aus Dagoberts Eltern, seinen Schwestern, Donalds Eltern, Donalds Schwester und so weiter. Rosa hat einen ganzen Stammbaum der Ducks aufgebaut, der auch auf Erwähnungen von Barks basiert. Dort wird übrigens auch geklärt, dass Dagobert und Dorette keine Geschwister sind, sondern ihr Familienband durch die Ehe von Dagoberts Schwester Dortel mit Dorettes Sohn Degenhard besteht. Duck ist in dieser Welt ein ähnlich häufiger Nachname wie bei uns Müller.
Auch die Freundschaft zwischen Dagobert Duck und der Familie des Erfinders Daniel Düsentrieb wird in Rosas Werken deutlich; schon Daniels Großvater Dankwart hat für Dagobert gearbeitet und die beiden waren gute Kumpels.
Heimatliebe, Diebe und Politiker
Damals begegnete Dagobert übrigens das erste Mal den Panzerknackern, allerdings nicht denen aus Rosas „Gegenwart“ (so um das Jahr 1950) sondern dem Flusspiraten Kapitän Knack und seinen drei Söhnen. Diese planen tatsächlich Dagobert, seinen Onkel Diethelm und Dankwart umzulegen, was aber Gott sei Dank misslingt. Die dritte Generation Panzerknacker ist da eher nicht drauf aus, auch wenn Opa Knack in Rosas Geschichte „Sein goldenes Jubiläum“ am Ende versucht, ganz Entenhausen in die Luft zu jagen. Etwas was der Clan der Ducks mit vereinten Kräften verhindern kann und so seine Heimat vor der Vernichtung bewahrt. Hier zeigt sich deutlich der Zusammenhalt in der Familie; während Opa Knack ohne seine Enkel zu verduften versucht, halten die Ducks zusammen und retten ihre Stadt. Eine Stadt, die es ohne Dagobert so gar nicht gäbe, denn er hat sie maßgeblich geprägt und mehr als einmal um sie gekämpft. Bei Rosa sogar einmal gegen die Streitkräfte der USA in Kapitel 11 von „Sein Leben, seine Milliarden“.
Historisch ist Rosas Werk ebenfalls interessant. Der 1867 geborene Dagobert nimmt am Goldrausch in Alaska teil, trifft u.a. den deutschfreundlichen US-Präsidenten und Bewunderer Friedrichs des Großen, Teddy Roosevelt, begegnet Zar Nikolaus II und einigen anderen bedeutenden Persönlichkeiten. Wyatt Earp dürfte auch in Deutschland etwas bekannt sein, während der Rinderbaron Murdo MacKenzie hierzulande eher unbekannt ist. Auf alle Fälle lohnt es sich zu lesen, wie Dagobert seinem Clan Ehre macht, wie er durch harte und ehrliche Arbeit sein Vermögen aufbaut und wie er sich in „Ein Brief von daheim“ immerhin wieder mit einer seiner Schwestern herzlich versöhnt.
Der Sammelband scheint inzwischen jedoch recht teuer geworden zu sein, weswegen man besser auf eine günstigere Ausgabe wartet. Rosas Geschichten kommen bei vielen jedoch so gut an, dass sie immer wieder neu aufgelegt werden. Aber auch die Werke von Carl Barks sind nicht zu verachten. In „Die Riesenroboter“ klauen die Panzerknacker beispielsweise vier… na ja… Riesenroboter eben und rauben damit Dagobert aus. Dagobert ruft um Hilfe, aber der Bürgermeister weist die Polizei an nicht einzugreifen, weil die Roboter so teuer für die Stadt waren. Der Bürgermeister, der in Entenhausen gewiss nur rein zufällig fast immer ein vermenschlichtes Schwein ist, fleht die Panzerknacker sogar an, sie könnten ruhig Herrn Duck ausrauben, dürften dabei aber die teuren Maschinen nicht beschädigen.
Durch einen Trick schafft es Dagobert jedoch mit Hilfe seiner Neffen einen der Roboter zu erobern und damit bekämpft er dann die anderen drei Maschinen. Der Bürgermeister bettelt erneut die Panzerknacker um Schonung an, woraufhin es einem der Gauner reicht, er mit der Riesenroboterhand den Bürgermeister nimmt und in einer Schlammpfütze abwirft. Daraufhin reicht es dem Getunkten. Er schreit etwas von Missachtung der Obrigkeit und befiehlt der Armee die Roboter zu beschießen. Am Ende zwingt der Politiker Dagobert sogar dazu, dass er die zerstörten Roboter bezahlen muss, weil er der Reichste in der Stadt ist.
Die Handlungsweise des Bürgermeisters hat natürlich so rein gar nichts mit unserer Realität zu tun!
Die gesellschaftliche Verantwortung der Wohlhabenden
Aber wundert es einen da, wenn Dagobert in der Rosa-Geschichte „Kampf um Duckland“ mit einem Trick seinen eigenen Staat mit sich selbst als König ausruft? Er stellt sogar fest, dass sein Land nie zu Entenhausen gehörte und man ihm deswegen eine hohe Steuerrückzahlung plus Zinsen schuldet. Daraufhin entsteht eine Art kalter Krieg mit Entenhausen, an dessen Ende sich Dagobert jedoch entschließt auf die ganze Sache zu verzichten, da die Steuerrückzahlung Entenhausen zwingen würde, jeden Taler Verdienst eines Bürgers mit 99 Kreuzern zu besteuern. Das wäre das Ende der Stadt; einer Stadt, die Dagobert maßgeblich mit aufgebaut hat. Da er das einerseits nicht möchte und andererseits weiterhin als geldgieriger Geizhals gelten will, verbrennt er das Dokument, welches seine Rechtsansprüche belegt und tut so, als ob es ein Unfall gewesen wäre. Auf diese Weise hält man ihn weiterhin für einen, dem Geld das Wichtigste ist; was dazu führt, dass viele ihn nicht mögen, aber gleichzeitig zur Folge hat, dass er nicht dauernd um Kohle angebettelt wird.
Es zeigt sich besonders in den Geschichten von Don Rosa, dass Dagobert Duck wesentlich vielschichtiger ist als viele meinen.
Vielleicht täten Herr Höcke und Frau Kositza gut daran einmal den „Sein Leben, seine Milliarden“-Band zur Hand zu nehmen; freilich nach einer Neuauflage, wenn sie nur um die 30,00 Euro kostet, denn was das Buch derzeit auf amazon oder ebay kostet ist einfach nur übertrieben. Wer eine alte Ausgabe aber preiswert schießen kann, dem sei dennoch angeraten es zu tun, wie es generell zu empfehlen ist, ältere Bücher zu kaufen. Moderne Neuauflagen variieren nicht nur in der Zusammenstellung einiger der Zusatzgeschichten, sondern kommen leider mit zeittypischen redaktionellen Eingriffen und Zensuren daher. Ein Grund mehr, Entenhausen als Gesamtwerk vom Mauskonzern zu trennen.