Manche von Euch werden das Mem über Harvey Ball kennen, dem Erfinder des Smileys. Der Joke ist, dass der Vater des Smileys kurioserweise genau wie das Gegenteil von jemandem aussah, dem irgendwie zum Scherzen oder zum Lachen zumute war. Auch wenn es zugegebenermaßen ulkig ist, dass sein Smiley wie ein Tennisball aussah, während er selber “Ball” hieß.
Und natürlich, dass er sich den Smiley auf seinen Grabstein hat meißeln lassen.
Der Ursmiley
Aber behalten wir mal im Hinterkopf, wie Mr. Ball dreinschaute, und werfen dann einen genauen Blick auf den Ur-Smiley, wie er ihn 1963 entwarf:
Ich frage mich beim Anblick dieses Dinges immer: Lächelt dieser gelbe Punkt eigentlich wirklich? Zwar ist ein großer, lächelnder Mund zu sehen – aber sieht so tatsächlich ein gelber Punkt aus, der glücklich und zufrieden ist? Der in sich ruht und mit sich und der Welt im Reinen ist?
Oder wirkt dieses Lächeln nicht vielmehr künstlich und unecht, aufgesetzt, aufgemalt, fake? Sieht er nicht eher wie ein ängstlicher gelber Punkt aus, dem jemand gegen seinen Willen brutal einen lächelnden Mund aufs Gesicht appliziert hat? Gerade so, wie es Batmans Widersacher Joker widerfahren ist?
Die dystopische Geschichte des Smileys
Etwas Falsches, Erzwungenes, Unfreiwilliges hat dieses Lächeln. Der Mund ist zu groß und zu grob und sitzt irgendwie an der falschen Stelle. Es wirkt unecht und aufgebappt – und diese Empfindung passt auch perfekt zur Entstehungsgeschichte des Smileys: Harvey Ball hatte ihn im Auftrag einer Versicherungsfirma entworfen, welche ihr Betriebsklima damit aufbessern wollte, ihre chronisch mies gelaunten und unmotivierten Mitarbeiter zu nötigen, sich ein lachendes Gesicht in Form eines Buttons ans Revers zu stecken. Denn die Wissenschaft™ hatte damals herausgefunden, dass wenn man gaaaaaanz oft lächelnde Gesichter sieht, man auch selber gaaaaaanz viel lächelt und folgerichtig dann auch bessere Laune hat und mehr arbeitet.
Ein ziemlich technokratischer und würdeloser Manipulationsversuch – aber irgendwie auch typisch amerikanisch. Typisch amerikanisch deswegen, weil hier mal wieder oberflächlich ausschließlich auf den Effekt gesetzt wurde (das Problem dieser Firma war sicher nicht, dass es ihr zuvor an Smileys gefehlt hatte!).
Vielleicht ist es Harvey Ball gelungen, mit seinem Design des Smileys die Essenz des Charakters der amerikanischen Kultur einzufangen: Das Aufgebappte, Aufgesetzte, Künstliche, Übertriebene, das Beschränken auf den Effekt, hinter dem sich nichts verbirgt, und wenn doch, dann nur sich auftuende Abgründe.
Das gequälte Lächeln des Ur-Smileys ließe sich aber auch anders interpretieren: als ein dunkles Foreshadowing auf das, was da noch kommen sollte. Denn die weitere Geschichte des Smileys erzählt auch die Geschichte unseres kulturellen Abstiegs.
Die Transformation zum Emoji
Schon Smileys Genesis – Erwachsene müssen sich auf der Arbeit ein kindlich gemaltes Gesicht auf die Brust bappen, damit sie mehr lächeln und motivierter arbeiten – roch schon stark nach Dystopie, Clownswelt und dem klassisch linken Prinzip, Schönheit und Würde bereitwillig der Leid-Reduktion zu opfern. Wenn Harvey Balls Ur-Smiley die Saat war, dann ist diese nun aufgegangen! Werfen wir also mal einen Blick darauf, wie es heute um das nasenlose gelbe Gesicht bestellt ist.
Mittlerweile hat der Smiley eine Menge Geschwister bekommen. Weil die meisten davon nicht lächeln, schien der Begriff “Smiley” irgendwann obsolet und wurde durch das Kofferwort “Emoticon” ersetzt. Da die Wortkombi aus “emotion” und “icon” aber aufgrund der vielen neu eingeführten neutralen Symbole bald genauso unpassend wirkte, einigte man sich schließlich auf “Emoji”. Zwar hört sich Emoji ebenfalls nach “emotion” an, ist aber einfach das japanische Wort für “Bildschriftzeichen”.
Es gibt eine Institution, die die kontinuierliche Erweiterung der Emoji-Palette zentral steuert: das sogenannte “Unicode-Konsortium”, in welchem die ganzen großen Tech-Firmen wie Apple, Google und Facebook sitzen. Einmal im Jahr entscheidet es, welche neuen Emojis in den internationalen Standard-Zeichensatz “Unicode” integriert werden sollen. Über Jahrzehnte hinweg bestand Unicode lediglich aus normalen, einfarbigen Schriftzeichen, bis sich das Konsortium 2010 plötzlich entschied, auch Emojis aufzunehmen. Von anfangs 711 Emojis hat sich ihre Zahl auf mittlerweile knapp 4000 erhöht, wobei viele davon nur Varianten darstellen:
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Die ursprüngliche Idee hinter Emojis, als sie Anfang der 80er erstmals im elektronischen Schriftverkehr auftauchten, war, die Möglichkeiten von geschriebener Sprache zu erweitern – nämlich um Mimik und Gestik. Etwas, was äußerst sinnvoll ist bei Kurznachrichten, bei denen sich das Sentiment nur schwer aus dem Kontext heraus ergibt.
Immer neue Emojis
Heute jedoch hat sich der Sinn und Zweck des Emojis gewandelt: Nur die wenigsten der in den letzten Jahren eingeführten Emojis haben noch irgendwas mit Emotionen zu tun – die meisten sind schlicht und ergreifend grafische Ersatzformen für bereits existierende Wörter.
Werfen wir zur Verdeutlichung mal einen Blick auf die Symbole, die mit dem neuen Unicode-Standard “Emoji 15.0” hinzugekommen sind:
Nur die ersten beiden Zeilen beinhalten “Emoticons” im eigentlichen Sinne. Dann gibt es unten noch das “Khanda”- und das WLAN-Symbol. Aber der gesamte Rest sind nur Gegenstände: Elch, Esel, Flügel, Rabe, Gans, Qualle, Lavendel, Ingwer, Erbsen, Fächer, Kamm, Rassel, Blockflöte.
Werden wir wieder Dümmer?
Nun frägt man sich: Warum brauchen wir denn jetzt Ingwer- und Blockflöten-Emojis? Für sowas gibt es doch … Wörter! Gut – ich streite nicht ab, dass es in einigen extremen Ausnahmefällen hilfreich sein kann, ein griffiges Symbol für Ingwer parat zu haben –, aber mein Gefühl sagt mir: Solche gegenständlichen Emojis sind gar nicht mehr wirklich Ergänzungen zur alphabetischen Sprache, sondern vielmehr … Vokabeln einer ganz neuen Sprache!
Ja – aus den Emojis hat sich, komplementiert durch ihre Abkömmlinge, die Sticker und Gifs, eine Art Parallelsprache entwickelt. Eine Sprache, die nicht nur international ist, sondern auch kinder- und behindertengerecht und von Analphabeten verstanden werden kann.
Diesen Umstand kann man durchaus als Fortschritt und Bereicherung betrachten – oder als einen Rückschritt um etwa 5000 Jahre:
Wenn man bedenkt, dass es allein in Afrika hunderte Millionen analphabetischer oder dyslektischer Smartphone-Nutzer geben muss, dann erscheint die Einführung eines „Ingwer”-Emojis plötzlich in einem ganz neuen Licht. Aber nicht nur der abnehmenden Alphabetisierungsrate der Nutzer kommt man mit der Einführung neuer Emojis entgegen – auch dem linken Zeitgeist. Wie sollte es auch anders sein, wenn maßgebend für neue Emojis Akteure wie Apple, Google und Facebook sind.
Die Smileys sind in Feindeshand
Hier sehen wir mal ein schönes Beispiel dafür, wie mit Emojis Politik gemacht und einer linken Agenda nachgekommen wurde – dem typisch linken Bedürfnis nach Reduktion von Leid:
Für Sören ist die Vorstellung, ein Smiley könne von einer Feuerwaffe Gebrauch machen, wohl einfach unerträglich.
Und selbstverständlich wird auch dem linken Fordern nach Diversity und Repräsentation entsprochen. So gibt es jetzt Emojis für …
- Behinderungen:
👩🦯🏳️🌈🏳️⚧️🦻👩🦼🧏👩🦽
- Alle möglichen unglücklichen Beziehungskonstellationen:
👨🏽❤️👨🏻👨🏽❤️👨🏼👨🏽❤️👨🏽👨🏽❤️👨🏾👨🏽❤️👨🏿👨👨👦
- Afro-Versionen der Herr-Der-Ringe-Charaktere:
🧙🏿♂️🧝🏿♂️
- Bärtige Frauen und schwangere Männer:
🧔♀️🫃
Es kann leider kein Zweifel bestehen: Emojis sind in Feindeshand.
Der Abschiebeemoji
Dennoch plädiere ich für Gelassenheit. Nur, weil es für eine Sache einen Emoji gibt, heißt es noch lange nicht, dass man diese Sache gutheißen muss! Schließlich existiert ja auch dieses Emoji hier: 💩, und soweit ich weiß, besitzt Scheiße nicht einmal bei der Mehrheit der Linken eine positive Konnotation. (?)
Und zu guter Letzt darf nicht unerwähnt bleiben, dass Unicode schon viel länger existiert als Wokeness und auch eine Menge für unser Lager parat hält. Nicht nur rechte Symbolik (☧✠🕈ᛇ✝ᛉ☩Λ), sondern auch Runen- und 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯𝔰𝔠𝔥𝔯𝔦𝔣𝔱, sowie auch ein cleveres Schriftzeichen, mit dem sich Emojis durchstreichen lassen: 🏳️🌈⃠
Ach ja, und außerdem wurde, wie oben schon gezeigt, mit dem neuesten Unicode-Standard jetzt auch ein Icon eingeführt, das man getrost als 100 % rechts bezeichnen kann: das Abschiebe-Emoji! 🫸