Aus der persönlichen Freundschaft des Thymos-Mitstreiters Rudolf S. (Sonnenkind) zu Soldat D. (Waffenruhe) ergab sich nach dessen Fortgang der Kontakt zu Sebastian und dem Musikprojekt „Schwarze Heimat”, welches nicht zuletzt mit einigen Konzerten in der „Neofolk-Szene“ Aufmerksamkeit erzielen konnte. Nach einer ruhigeren Phase sind in jüngster Zeit vermehrt neue Stücke auf YouTube erschienen. Wir nahmen dies zum Anlaß, unseren Lesern in Gestalt einer Fragerunde einen Einblick in die Hintergründe des Projektes zu geben.
Derzeit ist Schwarze Heimat faktisch eine Ein-Mann-Band?
Ja, derzeit ist Schwarze Heimat ein Ein-Mann-Projekt. Das war keine freiwillige Entscheidung, sondern eine Folge des Rückzugs meines Freundes und früheren Bandkollegen Soldat D., auch bekannt als Waffenruhe. Unsere Wege kreuzten sich erstmals in Magdeburg. In kurzer Zeit entstand eine musikalische Zusammenarbeit, inspiriert von gemeinsamen Reisen und Wanderungen durch unsere Heimatregionen. Die Band Schwarze Heimat formierte sich aus unserem gemeinsamen Ziel, die Schönheit und die Dunkelheit unserer Heimat musikalisch zu erkunden und widerzuspiegeln.
Was ist eigentlich der Gedanke hinter Eurem Bandnamen? Man könnte ja fast an Bongo-Trommeln denken oder sich fragen, warum die Heimat „schwarz“ ist.
Schwarz ist ein Symbol für Melancholie und die Sehnsucht nach dem Schönen. In dieser Melancholie wächst schöpferische Kraft heran; viele Kunstwerke sind aus solch stillem Sehnen geboren. Die Schwarze Heimat wird zur Antwort des ruhigen Geistes auf den wilden Wahn, der dieses Land gefangen hält.
Schwarze Heimat ist die leise, wehmütige Antwort auf den Wahnsinn, der das Land durchzieht. Ich fühle die Gabe in mir, Stimmungen in Worte, Bilder und Klänge zu fassen. Hätte ich eine Bongo-Trommel, würde ich im melancholischen 5/8-Takt den Geist unserer Heimat beschwören, bis mir die Schwärze selbst vor den Augen tanzt.
Schwarze Heimat – ein stiller Kläger gegen einen unberechenbaren, zweijährigen Buben. Wie schade, dass sich diesem Treiben kein Einhalt gebieten lässt …
Neofolk strahlt immer etwas Nostalgisches und Schwermütiges aus. Wo liegt für Dich die Faszination des Genres?
Neofolk erhebt sich wie das Flüstern alter Geschichten, getragen von minimalistischen Melodien und durchdrungen von Bildern und Gedanken. In seiner Schlichtheit liegt Tiefe: Akustische Gitarren und Trommeln, die nicht aufdringlich, sondern nahbar wirken, schaffen Raum für Worte, die oft aus einer fernen Zeit zu stammen scheinen. Die Texte erzählen von philosophischen Fragen und historischen Erinnerungen, die uns still und doch kraftvoll berühren.
Neofolk ist nicht nur ein Genre, sondern ein stiller Pfad in eine andere Welt – eine Reise durch Emotionen und Themen, die wie verlorene Fragmente unserer kollektiven Seele wirken.
Ihr wart auf zwei CDs vertreten: Eine Sammlung mit Vertonungen von Gedichten von Uwe Nolte, die andere erschien interessanterweise auf dem chinesischen Black Metal Label Pest Productions. Wie kam es zu dem Kontakt nach China?
Das ist eine interessante Frage, doch leider kann ich dazu nicht viel sagen. Ich weiß nur, dass Uwe Nolte sicher kein Chinese ist und Caspar David Friedrich nicht in China geboren wurde. Über alles Weitere hüllt sich mein Wissen jedoch in Schweigen.
Was ich allerdings sagen kann, ist, dass ich den Klang von Uwes Gedichten sehr schätze. Wie wunderbar Worte tanzen können, wenn sie mit solcher Kraft und Schönheit geformt sind.
Im vergangenen Jahr kam endlich Eure erste Mini-CD mit eigenem Material heraus. Was hat es mit diesem Material auf sich?
Diese Mini-CD versammelt die ersten Lieder, entstanden zwischen 2005 und 2015 – Fragmente und Erinnerungen aus einer Zeit, die längst verflogen scheint. Die Melodien erwachten im Harz, in Quedlinburg und in den Straßen Berlins, im Rausch der Nacht. In jenen Stunden, wenn das Feuer lodert und alles andere verblasst, formen sich die Klänge.
Die Stücke sind bewusst schlicht gehalten – nur Stimme und Gitarre, ungeschminkt und ehrlich. Hin und wieder schleicht sich ein Synthesizer in die Dunkelheit, leise, wie ein ferner Gedanke. Dies sind die letzten Spuren von D., festgehalten ohne Schnörkel, ohne Maskerade.
In einer Bandinfo las ich, es sei für Schwarze Heimat wichtig, weniger auf fremde Gedichte zurückzugreifen, sondern vor allem eigene Texte zu vertonen. Welchen Themen widmen sich Eure Lieder?
Schwarze Heimat ist ein Spiegelbild unserer Seele, unseres Wesens, meiner Gedanken. Diese Musik ist das Echo meines Innersten, verhüllt in eigenen Worten und Klängen.
Unsere Themen sind aus Sehnsucht gewoben, aus dem endlosen Ruf nach einer Heimat, die längst verblasst scheint. Da ist der stille, verborgene Kampf um das, was war und was sein könnte. Ein ungezügelter Stolz, der einmal mächtig in uns brannte, heute leiser, wie ein Hauch von Asche im Wind, doch noch immer zu spüren.
Liebe und Schmerz zeichnen sich wie unsichtbare Narben durch jedes Wort, durch jeden Ton – Spuren eines ewigen Ringens mit uns selbst und der Gesellschaft, die uns umgibt. Wir spüren die Kälte, die uns trifft, die entfremdende Distanz, die zwischen Menschen wächst und uns von unserem Ursprung trennt.
In diesen Klängen liegt das Echo vergessener Traditionen, Werte, die einst fest wie Mauern standen und nun in den Schatten verschwinden. Und doch rührt etwas in uns, etwas, das nicht loslässt, das nicht vergehen will.
Neben Schwarze Heimat bist Du an einer ganzen Reihe anderer Projekte beteiligt. Was gibt es dazu zu sagen?
Die Vielfalt färbt mein Leben – musikalische Vielfalt in allen Facetten. Da ist das Ambient-Projekt, das wie ein stiller Nebel fließt, das Krach-Projekt, roh und ungebändigt, und das Klassik-Projekt, das noch im Werden liegt, eine Symphonie in Entstehung. Melancholy of the Sun ist ein Musikprojekt, das mir sehr am Herzen liegt. Dieses Projekt schuf nicht nur musikalische Werke, sondern auch einen Raum, in dem Emotionen und Klänge auf besondere Weise miteinander verbunden sind. Es entstand in Zusammenarbeit mit einer Frau aus Übersee, deren Stimme das Projekt maßgeblich prägt und ihm eine besondere Strahlkraft verleiht. Weitere Projekte sind fORM tHE sILENCE, youform, Melancholy of the Sun, Gashyseb, Emyl, The Whispering Landscape, Novelle, STRICK, R. E. V. O. L. T. E.. Vieles ist noch unveröffentlicht.
Dann gibt es Death Party Organisation … hast Du vielleicht schonmal gehört. 😉 Ein Projekt mit einem Herrn, der durch wildes Messerwetzen Klänge erzeugt und Gastmusiker einlädt zum Horrortanz. Ein Projekt, gezeichnet von immer wiederkehrenden Tiefenflügen, dem Tod meines Bruders, dem Verlust der Liebe. Durch diese Abgründe blieb so vieles auf der Strecke, unerreichbar und unaufgelöst. Es ist ein Werk in Arbeit, ein Versuch, das Unfassbare zu greifen, in Tönen zu bannen, was Worte allein nicht tragen können.
Neben den Musikprojekten bist Du auch für das Label Heldenland verantwortlich. Bitte ein paar Worte dazu!
Heldenland ist vergangen, wie eine ferne Erinnerung, verloren in den Schluchten der Zeit. Ein Ort, der einst auf dem Fundament von Träumen errichtet wurde, doch nun sind die Mauern brüchig, und die Straßen, die einst voller Leben waren, sind vom Wind verweht.
Ich nahm das Erbe in die Hände, an der Seite einer vertrauten Seele, um es für Dennis weiter bestehen zu lassen – ein stilles Denkmal, ein Akt der Verbundenheit. Doch die Last meiner eigenen Wege, tief und einsam, hat mich davon abgehalten, die Flamme zu tragen.
Nun steht Heldenland still, und vielleicht ist das so richtig. Ein Frieden liegt in dieser Entscheidung, ein Loslassen, das das Vermächtnis ehrt, anstatt es zu erzwingen. Denn manchmal sind die leisen Abschiede die wahrhaftigsten.
Wie sieht es in nächster Zeit mit Konzerten aus? Wird man Dich mal wieder auf der Bühne sehen? Wohin können sich potenzielle Veranstalter wenden?
Der Weg geht weiter, im Schatten und Licht, in Melancholie gehüllt und voller unerfüllter Sehnsucht. Schwarze Heimat, das bin ich, ein Klang, der so klingt, wie ich atme, wie ich fühle. Kein Streben nach Applaus, kein Ruf nach Ruhm. Es ist ein ehrlicher Klang, getragen von rauen Worten, die das Dunkel umarmen.
In den kommenden Zeiten, im kleinen Gedichtband, soll jedes Wort wie ein Schritt in die Nacht sein, jede Melodie ein Blick in den Abgrund und ein Echo von mir. Der Raum mag leer bleiben, die Präsenz still, aber die Worte werden dennoch klingen, so wie ich sie in die Welt setze, unverfälscht und tief verwurzelt.
Was den Kontakt angeht: Die Internetseite via WordPress ist in Arbeit. Da werden auch kleine Filme mit Hintergrundmusik und Gedichtlesungen erscheinen. Auch der Kontakt wird darüber möglich sein. Aber das braucht noch Zeit.
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Sebastian, wir danken Dir für das Gespräch!
Vielen Dank für deine fortwährende Unterstützung, Geduld und das beständige Interesse an Schwarze Heimat.
Links zu Schwarze Heimat:
https://www.youtube.com/@schwarzeheimat2738