Ich werde hier keine große Einleitung zu Harry Potter und seiner Schöpferin Frau J.K. Rowling machen, weil ich annehme, dass die meisten Leser die Harry-Potter-Romanreihe eh schon gelesen oder zumindest die Kinofilme gesehen haben und ich es deswegen für eine Zeitverschwendung halte, für so ein bekanntes Franchise eine Einführung und Überleitung zu schreiben. Deswegen komme ich sofort zum Punkt und spreche gleich über das Spiel.
Zuerst die guten Seiten
Die Open-World
Für jemanden, der die Harry-Potter-Romanreihe in seiner Kindheit gelesen hatte, ist das Spiel ein wahr gewordener Traum. Du kommst als Schüler nach Hogwarts, darfst den sprechenden Hut aufsetzen, wirst einem Haus zugeteilt, nimmst am Unterricht teil und kannst das Schloss und seine Ländereien erkunden und siehst zum ersten Mal, wie groß die Zaubererwelt eigentlich wirklich ist.
Denn in den Romanen wie auch den Filmen und Spielen kennt man ja praktisch nur drei Orte: Hogwarts, Hogsmead und den verbotenen Wald. In Hogwarts Legacy ist die Welt viel lebendiger und durchzogen mit kleineren Dörfern, Wäldern und Burgruinen. Dazu noch die Landschaft, wo man wirklich das Gefühl bekommt, dass man sich in den schottischen Hochlanden befindet. Und das Schloss Hogwarts selber: Ist einfach nur atemberaubend.
Hier merkt man, dass die Entwickler, sich hier die größte Mühe gemacht haben, das Schloss so zu gestalten wie es sich jeder, der die Bücher gelesen, die Filme geschaut oder die Spiele gespielt hat, vorgestellt hat. Ich kann immer und immer und immer nur wiederholen, wie sagenhaft die Gestaltung des Schlosses ist, das, nebenbei bemerkt, vollgepackt mit augenzwinkernden Eastereggs ist, die man aus den Büchern, Filmen und Spielen kennt. Die Innenräume von Hogwarts, die Gemeinschaftsräume der Häuser, die Unterrichtssäle, die Lernnischen, selbst die Korridore, sind so wunderbar organisch in ihren Aufbau und Design in sich gegriffen, dass das Schloss nicht nur realistisch, sondern auch lebensecht wirkt.
Vor allem die Schönheit der gotischen Architektur wird immer wieder hervorgehoben, gepaart mit der mittelalterlichen Ästhetik und denn Charme der kleinen schottischen Dörfer. Hinzu kommen noch die verschiedenen Tageszeiten, die die Atmosphäre des Open-World-Spiels noch zusätzlich beeinflusst. Es ist einfach ein Unterschied, wenn ich zu Mittagszeit durch die Gänge des Schlosses spazieren gehe oder um Mitternacht. Am Tag wirkt eine Erkundung durch den verbotenen Wald wie ein gemütlicher Waldspaziergang, aber bei Nacht…
Die Kämpfe
Das Kampfsystem des Spiels ist auch ziemlich stimmig und gerade im höheren Schwierigkeitslevel sehr herausfordernd. Dir stehen verschiedene Zaubersprüche und Utensilien zur Verfügung, die du alle miteinander kombinieren kannst und dafür sorgen, dass jeder Kampf sich anders anfühlt. Dazu noch die Gegner im Spiel: Nicht nur, dass jeder von ihnen ein anderes Angriffsmuster hat, einige von ihnen gehen auch überraschend taktisch vor und wenn sie z.B. angefangen haben, dich einzukesseln, werden sie dich solange gnadenlos attackieren, bis du tot bist.
Gerade solche Momente haben mir besonders gefallen, weil sie mich an Dark Souls erinnerten und mir oft das Gefühl von verloren sein gegeben haben, wenn man einsam die schottischen Hochlanden erkundet, durch Burgruinen schlängelt oder bei Nacht durch die Gänge von Hogwarts schleicht. Doch hier enden leider schon die positiven Seiten des Spiels, denn um ehrlich zu sein, ist es einfach nur ein durchschnittliches Triple A-Game mit einem großen Namen als Aushängeschild und nur sehr wenig dahinter.
Die schlechten Seiten des Spiels
Die Geburtsfehler
Das fängt am Anfang damit an, dass unser selbst erstellter Charakter keine Vergangenheit, Persönlichkeit, Familie, Ziele oder Träume hat. Wir wissen nicht, ob unser Charakter aus einer reinblütigen Zaubererfamilie stammt, einer Halbblüterfamilie oder doch nur ein Schlammblut ist. Dabei war die Abstammung stets ein zentrales Thema in der Romanreihe, wen auch ein von der Autorin negativ beschriebenes.
Des Weiteren war es schon enttäuschend, wie unspektakulär die Macher die Szene mit dem sprechenden Hut umgesetzt haben. Im ersten Harry-Potter-Band war der sprechenden Hut und die Einsortierung in den Häusern der Höhepunkt des ersten Akts gewesen. Hier hätte es die Chance gegeben, die Vorgeschichte oder die Persönlichkeit unseres Charakters erstellen zu können:
- Aus welcher Familie stammst du?
- Bist du eine Waise oder Halbwaise?
- Was für Interessen verfolgst du?
- Hast du Vorurteile, und wenn ja, welche? (Dies kann nicht nur für Muggel oder anderen Geschöpfen, sondern auch z.B. gegen Schwarze Magier oder Anhänger der „Wizard Supremacist“ gelten.)
Und anhand dieser Charaktereinstellungen hätte dann der Hut bestimmen können, in welches Haus du zugeordnet wirst. Stattdessen muss man hier nur 2 einfache Fragen beantworten, wobei die erste Frage keinerlei Gewicht bei der Entscheidung des sprechenden Hutes hat und die zweite Frage, die dann entscheidet, in welches Haus du kommst, so lächerlich offensichtlich ist (auf jeder Harry-Potter-Fanseiten gibt es ausgefallenere Quizfragen!) und am Ende kannst du immer noch selbst entscheiden, in welches Haus du gehen willst.
Hier haben die Macher jede Menge kreatives Potential verschwendet und leider hört es hier auch nicht auf. Denn des Weiteren spielt es keine Rolle, für welches Haus der Hut dich auswählt oder du dich entscheidest, denn abgesehen von einigen kosmetischen Anpassungen und veränderten Dialogzeilen, ändert sich am Storyverlauf nichts. Es gibt keine Specials oder einzigartige Besonderheiten in den jeweiligen Häusern, wie Häuserquests z.B., ja du kannst nicht einmal Hauspunkte gewinnen und es hat keine Auswirkungen auf deine Fähigkeiten. Auch hier hätte man so viel mehr machen können, wie z.B.:
- Als Gryffindor bist du besser im Duellieren.
- Als Hufflepuff hast du die Möglichkeit unterstützende Geschöpfe einzusetzen.
- Als Ravenclaw bekommst du mehr Talentpunkte.
- Als Slytherin sind deine Zauber und Flüche wesentlich stärker.
Dazu noch hätte man zeigen können, dass jedes Haus seine ganz eigenen Traditionen, Bräuche und Feste hat, wie man es aus Stundendenverbindungen oder Burschenschaften kennt, was jedem Spieler auch eine zusätzliche Motivation gegeben hätte, jedes Haus einmal auszuprobieren. Auch der Unterricht im Spiel ist im Grunde nur eine einfache Videosequenz, wo du zuguckst, wie dein Charakter am Unterricht teilnimmst, aber nicht wirklich interagieren kannst. Da haben andere ältere Videospiele wie „Bully die Ehrenrunde“ von Rockstar es wesentlich besser gemacht und vielleicht hätten die Entwickler sich hier ein Beispiel nehmen können.
Das Identitätsproblem
Allerdings glaube ich, dass der Grund für die kreativen Differenzen darauf fußt, dass die Macher von Hogwarts Legacy irgendwie von Anfang an nicht wussten, was für ein Spiel sie eigentlich machen wollten. Entweder ein Action-Open-World-Spiel wie Assassine Creed oder Elden Rings, oder eher ein RP-Open-World-Spiel wie wir es aus Skyrim oder Morrowind kennen und lieben. Na ja, das Ergebnis ist leider weder Fisch noch Fleisch, weder Weiß- noch Rotwein. Denn für ein Action-Openworld hat es einfach viel zu wenig abwechslungsreiche Kämpfe im Spiel und überhaupt erst nach gefühlt 10 Stunden Spielzeit bekommt man endlich die Möglichkeit, das Schloss zu verlassen, um die Gegend erkunden zu können.
Dazu kommt noch, dass sämtliche Gegner im Spiel stets nach dem Schema F vorgehen. Selbst die Bosse werden irgendwann so dermaßen durchschaubar, dass ich mich gezwungen sehe, mich bei möglichen Dark-Souls-Fans, die diesen Artikel lesen, zu entschuldigen, weil ich zu Anfang sagte, dass die Kampfmechanik des Spiels an die eben erwähnte Spielreihe erinnerte. Und für ein RPG ist das Spiel leider viel zu Entscheidungs- und Konsequenzarm, denn es ist egal, wie du dich gegenüber den NPCs verhältst. Du kannst sie beleidigen, erpressen, bestehlen, die unverzeihlichen Flüche gegen sie einsetzten: Am Spielverlauf ändert sich nichts.
Und zu guter Letzt muss ich auch noch bemängeln, dass das Spiel extrem Woke ist. Hogwarts Legacy spielt am Ende des 19. Jahrhundert, also in der spätviktorianischen Ära, aber davon spürst du im Spiel nichts. Soll heißen, die Geschichte könnte genauso gut in unsere heutige Zeit stattfinden, man würde denn Unterschied nicht bemerken. Zwar sprechen alle Charaktere im OVA mit diesem herrlichen britischen Akzent, doch deren Ausdrucksweise und Grammatik ist leider zu sehr auf unsere Zeit angepasst. So wie in Die Ringe der Macht oder God of War Ragnarök.
Dazu noch sollte man anmerken, bestand zu dieser Zeit die britische Bevölkerung zu 99% aus Weißen, doch stattdessen wurde die Besetzung, ebenso sie ganzen Hintergrund-NPCs, so bunt und divers besetzt, als würde sie zu Harry Potters Zeiten, also in 90ern, spielen. Damit mein ich, das z.B. Zwei Drittel des Lehrpersonals aus verschiedenrassigen Frauen besteht. Es gibt Schwule, Lesben und sogar einen Transsexuellen, den man nachträglich ins Spiels integriert hat, weil man sich von J.K. Rowlings Meinungsäußerungen auf Twitter distanzieren wollte.
Wo wie gerade beim Thema Transsexuell sind: Mich kotzt es einfach an, wie hässlich die Macher die Gesichter für die Charaktere erstellt haben. Die Burschen- und Mädchengesichter haben allesamt sowohl männliche wie auch weibliche Gesichtszüge. Zum Glück gibt es Mods, die das beheben, weil die Spielentwickler es der toxischen LGBTQ-Community unbedingt Recht machen wollten. Doch denen hat es trotzdem (wieder einmal) nicht gereicht. Sie riefen im Netz zu einem Boykott gegen das Spiel auf, mussten aber am Ende mitansehen, wie ihre narzisstische Weltanschauung an der Realität zerbricht, weil wir, die 99,9% der Normalbevölkerung, es einfach satthaben, dass dieses 0,01% an Fanatikern uns ständig vorschreiben, welche Spiele, Bücher, Serien oder Filme wir uns anzuschauen haben.
Aber zurück zum Spiel, wo es nur noch eine Sache gab, die mich gestört hat: Denn im Großen und Ganzen habe ich nichts Neues über das Harry-Potter-Universum erfahren. Zwar geht es in der Hauptstory um einem bevorstehenden Koboldaufstand, die in den Büchern hin und wieder erwähnt werden, ebenso um das Geheimnis eines aufgelösten Ordens aus Hexen und Zauberern, welche die alte Magie erforscht haben, aber man hat einfach das Gefühl, alles schon irgendwo einmal gelesen, gesehen oder gespielt zu haben. Soll heißen: Für Lore-Fans wird das Spiel eine ziemliche Enttäuschung sein.
Fazit
Hogwarts Legacy macht im Bereich der Open-World, der Grafik und der Musik alles richtig. Als alter Harry-Potter-Leser hat man das Gefühl, als würde ein aufgegebener Kindheitstraum in Erfüllung gehen. Doch leider vergeht dieses Gefühl nach gut 10 Stunden Spielzeit. Die Entwickler haben mit Hogwarts Legacy ein solides Grundmodell erstellt, aber man hat es vergeudet, dem Spiel eine Seele zu geben. Daher weiß ich nicht, ob ich das Spiel ein zweites Mal durchspielen werde. Wenn ja, dann nur um es in eine andere Sprache anzuhören, ansonsten fehlt mir einfach die Motivation dazu.