Im zweiten Teil unseres Essays beschäftigten wir uns damit, wie man den Kulturkampf hinter sich lässt und sich zur Verwindung stattdessen auf die Suche nach dem Thymos begeben muss. Dies ist eine Queste, die uns auch durch die Tiefen und Untiefen der Kultur führt. In ihr reflektieren wir uns selbst. In Erzählungen und Kunstwerken verarbeiten wir, wer wir sind und was uns beschäftigt und geben etwas an andere weiter. Daher wollen wir einige Leitsätze für unsere Kulturreise festlegen.
Wo also beginnen nach dem Rechten in der Kultur zu suchen? Das ist gar nicht so leicht, denn eine originäre neurechte Kulturszene ist jenseits der Musik und Literatur – beide können mit vergleichsweise überschaubaren Mitteln realisiert werden – noch weitestgehend unerschlossenes Land. Doch auch in der zeitgenössischen Literatur fehlt eine Breite in allen Sparten, die dieses Medium abdecken könnte. Medien wie Comics, Filme oder Videospiele fehlen fast vollständig. Leuchtturmprojekte wie KVLTGAMES oder Hydra Comics nehmen hier Vorreiterrollen rein und finden so umso leichter ihr verdientes Publikum. Allerdings steckt all dies noch in den Kinderschuhen, sowohl was den Produktionsumfang als auch die Auswahl angeht. Interessante Projekte einer neurechten Kulturszene zu verfolgen ist uns deshalb ein besonderes Anliegen, aber sie tragen uns auf unserer Reise noch nicht allzu weit.
Sich dem Mainstream annehmen
Ein erster guter Ausgangspunkt ist deshalb noch immer der Hauptstrom, in dem der Löwenanteil der Kulturproduktion stattfindet. Er wird in der Tendenz von der Linken beherrscht. Die dort stattfindende Kulturschöpfung hat einen größeren Produktions- und Finanzierungsbedarf und unterliegt damit einem Kulturapparat, der entweder unmittelbar linker Beeinflussung, marktwirtschaftlicher Optimierung (und damit Risikovermeidung) oder eine Mischung aus beidem (Diversität als Verkaufsargument) ausgesetzt ist.
Dazu kommt, dass Kulturschaffende des Hauptstroms auch von ihrem persönlichen Weltbild sehr viel seltener unmittelbar von rechten Ideen oder Werten beeinflusst oder geleitet sind. Dezidiert rechte Künstler, ob sie nun Propaganda oder originäre Kunst schaffen wollen, genießen selten bis nie einen vergleichbaren Zugriff auf Ressourcen und Reichweite. Idealrechte Filme, Videospiele, Musik usw. werden wir hier deshalb eher selten finden. Moderne Epen wie Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“ sind seltene, unintendierte Ausnahmen.
Die verborgenen Schätze des Mainstreams bergen
Doch im Grunde sind die meisten Menschen „mixed economy“, wie man sagen würde, was auch auf Regisseure, Drehbuchschreiber und andere Künstler zutrifft. Auch sie reflektieren hin und wieder Gegenwart und Moderne mit ihren Problemen und verarbeiten sie unterbewusst in ihren Werken auf eine Weise, die auch uns anspricht. Auch sie sind beeinflusst von guten alten Werken und haben ein instinktives Verständnis dafür, dass Archetypen und Heldenreisen – jene alten Erzählfiguren – gerade deshalb funktionieren, weil sie an etwas zutiefst Wahres und Menschliches in unserer Natur rühren und verwenden sie selbst.
Etwas gewagt könnte man sogar sagen, dass es gerade die rechten Elemente sind, die selbst einen von seiner Aussage her linkes Kulturgut noch unterhaltsam und bekömmlich machen. Man denke eben nur an die Entwicklung Harry Potters vom Jungen im Schrank zum auserwählten Retter einer aristokratischen und anachronistischen mystifizierten Zaubererwelt, in der das Gute und Schöne über das Böse und Hässliche triumphiert. Die Geschichte leidet dann kaum mehr unter der grundlos bösen Eindimensionalität ihrer Schurken und ihrem plumpen Zauberrassismus. Dies bedeutet nicht Kulturschöpfungen von Rechts zu vereinnahmen, sondern das allzu Rechte in ihnen zu entbergen und darüber zu erschließen, ob sie auch uns etwas zu sagen haben. Doch auch nicht alle Werke, die mit rechtem Subtext spielen, sind für uns wirklich fruchtbar. Hier gilt es, das Gute vom Oberflächlichen zu trennen.
Spaß, Muße und Eskapismus zulassen
Auf der Suche nach rechten Werten dürfen wir jedoch auch den Genuss nicht aus den Augen verlieren. Unterhaltung und Muße sind wichtig. Der Alltag und vor allem die trübe politische Wetterlage sind Belastungen für Körper und Seele. Jeder Mensch braucht einen Ausgleich in Form von Sport, Ruhe und Kultur. Letzteres bietet gerade die Möglichkeit, sich mit dem Schönen, angenehm Aufregenden und Erbaulichen zu beschäftigen. Es reinigt nicht nur die Seele, sondern das Heraustreten ist Gelegenheit, sich eben auch einmal mit etwas anderem zu beschäftigen als den Mühen der Tagespolitik und dem Ernst des Lebens. So wollen wir es auch mit unserem Magazin halten und Unterhaltung nicht als stumpfsinnigen Konsum abqualifizieren. Spaß muss sein und wenn er in Form einer leichtherzigen Heimatkomödie, einem Action-Film oder als Videospiel daherkommt!
An dieser Stelle muss daher auch eine Lanze für den Eskapismus gebrochen werden. Dieser wurde in der Vergangenheit von Linken wie Konservativen gleichermaßen kritisiert. Erst das zeitweilige Loslassen von der Welt gibt überhaupt Gelegenheit und Möglichkeit zur inneren Einkehr (wir sprachen bereits über Achtsamkeit) und Reflexion in Mußestunden als auch die Gelegenheit, über andere denkbare Welten nachzudenken, sie sich vorzustellen oder darin einzutauchen. Es kann dabei helfen Selbstvergewisserung darüber zu erlangen, wer man ist, wer man sein könnte und wer man sein will, statt einfach nur zu funktionieren. Politische Bildung und Werteerziehung sind daher nicht alles. Selbstredend birgt der Eskapismus die Gefahr des Abgleitens, wie sie Michael Ende in seiner „Unendlichen Geschichte“ auch verarbeitet hat – darüber wird zu reden sein – und doch ist sein Fantasien auch eine Geschichte über Selbstfindung und eine Kritik an der Welt, die sich falsch entwickelt.
Wenn wir ein Bedürfnis nach Eskapismus konstatieren, dann ist das nicht nur das menschliche Bedürfnis des Loslassens und Hineinträumens, sondern auch die Reaktion auf einen instinktiv verspürtes Unbehagen, einen Mangel an der Welt. Kultur allein kann diesen Mangel nicht beheben, aber sie hilft uns dabei zu erkennen, was diese Empfindung auslöst. Der Konsum sollte eben nicht zur blanken Betäubung entarten. Und Aufgabe einer rechten Kulturschau ist es daher Wege zu einem bewussten Konsum zu finden und zu erforschen, warum gewisse Werke etwas in uns ansprechen und welche tieferen Wahrheiten uns auch in Unterhaltungsmedien begegnen können.
Die Abscheu vor der Popkultur überwinden
Dies führt uns zur Populärkultur. Traditionell hat die Rechte eher ein distanziertes Verhältnis zu ihr und der Massenkultur und bevorzugt wie auch in anderen Fragen eher eine aristokratische Herangehensweise. Auch wenn rechte Publikationen weit davon entfernt sind, dass Feuilleton der FAZ noch als Maßstab gelten zu lassen, so ist ein feuilletonistischer Habitus mit einem Fokus auf Hochkultur doch nicht abzustreiten. Daran ist grundsätzlich nichts verkehrt. Zeitlose Klassiker sollten stets auch im Gedächtnis gehalten und neuen Generationen zugänglich gemacht und auch für anspruchsvolle intelligente Romane oder hart verdauliche Kunstfilme muss Aufmerksamkeit geschaffen werden.
Die Hochkultur ist auf ihre eigene Art eine Nische, in der nach Perlen getaucht werden muss. Umso mehr eben seit das Feuilleton überquillt an erschöpfenden Betroffenheitswerken, Seelen-Entblößungen depressiver und vom Leben angeödeter Bildungsbürger oder progressiven Medientrends in allen möglichen Stadien der Degeneration, die aktuell Darling von Buch- und Filmpreis-Jurys sind. Daraus sollte aber kein Dünkel gegenüber der Populärkultur erwachsen.
Die eigene Lust am Populären akzeptieren
Warum sich aber damit beschäftigen, wenn diese Medien ohnehin einen Massenmarkt finden? Klarerweise erreichen Werke der Populärkultur seltener die philosophisch-intellektuelle Tiefe in den Themen, die sie ansprechen, als eine ungleich fokussiertere Autorenerzählung das kann. Das ist nicht zwangsläufig so, wie Großwerke wie George R.R. Martins „Ein Lied von Eis und Feuer“ beweisen. Auch Lovecraft, dessen großes Talent heute anerkannt wird, war Autor von Pulp-Geschichten. Obgleich die Tendenz natürlich stimmt, die wir zum Beispiel im narrativen Videospiel besonders pointiert beobachten können, wo Erzählung und Spielmechanik aufeinander abgestimmt werden müssen.
Trotz gewisser Schwächen sprechen diese Medien ungleich mehr Menschen an, führen sie zum Teil genussvoller an Themen und Symboliken heran, wecken Interesse und formen dabei Welt- und Wertebilder. Auch wenn wir heute Homers Odyssee oder die Ilias, das Nibelungenlied, den Arthus-Sagenkreis, Beowulf und dergleichen Mythen und Heldengeschichten eher als Hochkultur verstehen, die von gebildeten (altsprachlich interessierten) Menschen gelesen wird, so waren dies in ihrer Ursprungsform eben mündlich überlieferte Geschichten, die man sich auch zu Zwecken der Unterhaltung vortrug. Vor ihrer Verschriftlichung existierten sie vermutlich in unendlichen mehr oder weniger ausgeschmückten und voneinander leicht bis stark differierenden Varianten, die man immer wieder neu erzählte und zu denen man weitere Geschichtsteile hinzufügte.
Mit der Popkultur beschäftigen wir uns deshalb auch einfach, weil sie uns Spaß macht. Es ist nicht sinnvoll den Unterhaltungsgenuss von der intellektuellen Beschäftigung abzutrennen, insbesondere aus Scham. Für das eigene Selbstbild den expressiv Rilke zitierenden Rotweintrinker nach außen zu geben, aber dann heimlich in der Freizeit zum Abschalten doch zu einem guten alten Action-Film zu greifen, ist nicht authentisch. Man bleibt mit sich nur im Reinen, wenn man beide Varianten als gleichermaßen berechtigten Kulturgenuss für sich akzeptiert. Man hat dann vielleicht nur über die eine Kulturerfahrung dann mehr von Substanz zu sagen als über die andere.
Popkultur als moderne Volkskultur verstehen
In der Populärkultur mit Genre-Literatur, Videospielen und Filmen lebt die Tradition der unterhaltsamen Mythen und Sagen weiter, nur dass sie sich eben in ihren Sujets stark ausdifferenziert hat, eigene Welten und Geschichten kreiert und nicht mehr nur allein antike Heldengeschichten adaptiert, sehr wohl aber nach wie vor stark von ihnen inspiriert ist. In der Popkultur entstehen heute die neuen modernen Mythen mit eigenen Helden, Antihelden und Schurken in Welten, die nach wie vor strotzen vor Schicksal, Metaphysischem, Archetypischem, moralischen Konflikten, allzu menschlichem Drama, der Begegnung von Kulturen und den Konflikten zwischen ihnen, Heldenreisen und der Suche nach Bestimmung. Heute fungieren nicht mehr Heroen wie Achilles oder Siegfried als Vorbilder. So unterschiedliche Figuren wie Tyler Durden, Aragorn, Harry Potter, Jon Snow oder Batman beeinflussen inzwischen ganze junge Generationen als mögliche Helden- und Charaktermodelle.
Der Konflikt von Gut und Böse in Mittelerde, der politische Zynismus von Westeros, die grimmige Zukunft eines ewigen Krieges im 41. Jahrtausend, die kosmische Furcht gegenüber dem Unbekannten im (un)irdischen Massachusetts oder grenzenlose Abenteuer und Heldentum in Azeroth sind heute präsenter als das Drama einer griechischen Götterwelt. Und das hier sind nur wenige Beispiele für das, was die Popkultur anzubieten hat. Heutige Generationen sind so involviert in die Erforschung dieser Welten und geprägt von ihren Geschichten und Charakteren, dass es ein gewaltiges Versäumnis wäre, diese eben nicht aus rechter Perspektive zu beleuchten. Gerade weil junge Rechte ganz selbstverständlich Teil dieser Generationen sind. Viel wichtiger aber noch: Hier können wir noch einen Zugang zum Mythischen, zum Heroischen, zum Thymotischen finden, das wir in der modernen Hochkultur häufig so schmerzlich vermissen.
Dass es sich um Massenphänomene handelt, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir es hier mit einer modernen – und selbstverständlich auch unter globalen Einflüssen stehenden – Form von Volkskultur zu tun haben. Diese kann nicht ignoriert werden, ohne sich von der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen und ihrer Kulturerfahrung zu entfremden. Eine relevante Kulturschau muss auch hier Orientierung geben und in der Massenkultur nach dem suchen, was Substanz hat.
Fankultur verstehen lernen
Den Grad des Einflusses, den die Popkultur auf die jüngeren Generationen hat, kann man deutlich an den Fan-Kulten ablesen, die sich um bestimmte Werke oder narrative Welten herum bilden. Auch wenn das Nerdtum gerade nach außen hin für Uneingeweihte oft befremdlich wirkt und sich wohl viele Konservative angesichts des in das jeweilige Hobby investierten Eifers fragen dürften, ob dieser nicht besser und nutzbringender in politische Arbeit oder den Aufbau einer produktiven Lebensplanung zu investieren sei, so kann man in ihnen viel prototypisch Rechtes finden.
Dies fängt damit an, dass sie ihre Hobbys, Werke und narrativen Welten eben nicht als bloße Produkte begreifen, sondern als etwas, das einen eigenen Wert und eine eigene Identität hat. Das macht sie instinktiv kritisch und resilient gegenüber den Versuchen der Linken, ihre Medien zu vereinnahmen oder politisch umzugestalten. Als Gemeinschaften sind diese Fankulte inhärent exklusiv, da sie ein geteiltes Interesse für den eigenen Gegenstand ihres namensgebenden ‚Fanatismus‘ voraussetzen, was sie zu einem Gegengewicht gegen progressive Unterwanderung macht, die sich häufig eben viel für ihre politischen Themen aber wenig für das Werk an sich interessiert und damit klar selektiert wer anerkanntes Mitglied sein kann und wer nicht.
Fankulte als Gefährten betrachten
Durch diese starke Identifizierung mit dem Werk und der darum gebildeten Fangemeinschaft wird Kultur dann auch jenseits des blanken Konsums gelebt und zelebriert. Man trifft sich auf Messen, schlüpft in Verkleidungen, diskutiert, teilt Ideen und kreiert wiederum selbst Fan-Kunst, zu der man inspiriert worden ist. Und man tauscht sich darüber aus, auf welche Art und Weise das Werk einen berührt und geprägt hat. Kultur wirkt hier gemeinschaftsstiftend und inspirierend und wird von einem toten Ding zu etwas Lebendigem. Thymos in Reinform.
Fankulte sind aus sich heraus selten politisch und daher eo ipso weder links noch rechts, ein Thema dem wir uns an anderer Stelle sicher noch einmal ausführlicher widmen werden, und doch haben im vergangenen Jahrzehnt verschiedene Fankulturen – allen voran die Videospieler in der Konsumentenrevolte GamerGate – gezeigt, dass sie bereit sind, dem linken Mob und ihrer ständigen Kulturrevolution die Stirn zu bieten und die üblichen Bezichtigungen von Sexismus bis Rassismus auszuhalten und sich selbst gegenüber medialem Dauerfeuer zu behaupten. Auch wenn wir also kaum von natürlichen Verbündeten sprechen können, so werden wir Rechten, was einen gemeinsamen Blick auf den Wert der Kultur angeht, hier am ehesten Gefährten für unsere Reise finden. Deshalb lohnt es sich, im Gespräch zu bleiben, aber auch rechten Fans zu ermöglichen, aus weltanschaulicher Perspektive über ihre Lieblingswerke zu sprechen.
KVLTVR-Magazin
Dies sind Leitfäden an denen sich aus unserer Sicht eine neurechte Kulturschau, die das Empörium und den Kulturkampf hinter sich lassen will, orientieren sollte. Auch wenn im vergangenen Jahrzehnt eine erfreulich farbenfrohe und abwechslungsreiche Publikationslandschaft im Rechten Lager entstanden ist, so vermissen wir eben genau so eine Beschäftigung mit Kultur, die die Tages- und Metapolitik auch mal beiseite lässt und sich für die Popkultur und etwas Spaß nicht zu schade ist. Als Kulturmagazin wollen wir genau diese Lücke schließen, um euch – unsere Leser – auf dieser gemeinsamen Queste durch die Kultur der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu begleiten. Wir wollen euch Perspektiven eröffnen, den Aufbau einer kraftspenden alternativen Kulturszene begleiten und unterstützen und mit euch gemeinsam erforschen wo wir im Hauptstrom, in der Popkultur und jenseits davon das Rechte finden können.