Die Welt von Warcraft ist trotz etlicher Schwächen eines der interessantesten narrativen Universen der gegenwärtigen Popkultur. Es hat im Verlauf seiner bald 30jährigen Entwicklungsgeschichte nicht nur erinnerungswürdige Momente und Geschichten sondern eigene legendäre Figuren hervorgebracht. Zu diesen Persönlichkeiten gehört zweifelsfrei Sylvanas Windrunner, die seit ihrem ersten Auftritt im 2002 erschienen Warcraft 3, die Geschicke des Warcraft-Universums begleitete. Immer wieder beeinflusste sie zentrale Ereignisse und stieg in den vergangenen Jahren zu einer der zentralen Handlungsfiguren auf. Mit Eternitys End, dem letzten Patch des World-of-Warcraft-Addons Shadowlands, wurde nicht nur ihre Geschichte, sondern in gewisser Weise auch das Erbe von Warcraft 3 zu einem Abschluss geführt. Anlässlich dieses Finales erschien im März 2022 der aktuell jüngste World of Warcraft Roman aus der Feder von Christie Golden mit dem schlichten Titel „World of Warcraft: Sylvanas“.
Cross-Mediale Einordnung
Der Roman ist Teil der von Blizzard seit dem Erscheinen von Warcraft 3 gepflegten Strategie, ihre Welt jenseits der Spiele mit einer ganzen Reihe weiterer crossmedialer Produkte zu vertiefen. Es wird dort in größerer Ausführlichkeit auf Hintergrund- oder Nebenereignisse, den Kosmos und das Geschehen darin eingegangen, das im Spiel nicht abgebildet werden kann. Neben Romanen umfasst dies inzwischen Mangas, Comics, eine Reihe von Trailern und Kurzfilmen (die statt bloßer Spielinhalte anzukündigen, tatsächlich hintergrundgeschichtlich relevante Ereignisse abbilden können also cineastisch sind), nur digital veröffentlichte Kurzgeschichten und weitere ergänzende Literatur wie den Chroniken. Dazu kommen all die Ereignisse, die eben nur für Spieler der Warcraft-Spiele erfahrbar sind, sei es durch den normalen Spieldurchlauf in Form von Dialogen, Quests, Environmental Storytelling, durch Ingame-Texte oder Cinematics.
Das Warcraft-Universum ist inzwischen ein dickes und komplex gefertigtes Brett, ein über 30 Jahre organisch gewachsenes narratives Gestrüpp, das man kaum mehr überschauen kann. Selbst der Versuch Blizzards, mit den Chroniken den Interessierten einen Überblick über die Lore ihrer Welt zu verschaffen, ist letztlich nur ein Kratzen an der Oberfläche. Und vor allem ist das Warcraft-Universum weiterhin lebendig.
Noch immer erscheinen Erweiterungen für World of Warcraft und lassen das Gestrüpp weiter wachsen. Auch was zuvor noch gesicherte Information war, kann im Zuge von Retcons (späteren Revidierungen von Ereignissen und Erklärungen) oder schlicht neuen Informationen in Frage gestellt oder neu bewertet werden. Das macht die Lore dieses Universums einerseits spannend zu verfolgen, dessen Beugung unter die Vermarktung des Spiels manchmal frustrierend zu beobachten aber vor allem für Neueinsteiger undurchschaubar. Diese Review richtet sich daher an Fans. Uneingeweihte werden vermutlich häufig vor Böhmischen Dörfern stehen, sind aber eingeladen unserem Blick auf Sylvanas dennoch zu folgen.
Seltsame Veröffentlichungsstrategie
Begriffe, Namen und Konzepte sind jedoch nicht die einzige Hürde beim Lesen des Romans. Während man andere Warcraft-Romane in der Vergangenheit auch dann lesen konnte, wenn man mit der Welt sonst kaum Berührungspunkte hatte, einfach als Fantasy-Kost, ist der Sylvanas-Roman fragmentarisch gestaltet. Statt einer konsequenten Erzählung mit auskonstruiertem Handlungsbogen orientiert es sich an der Erzählweise von „Arthas – Aufstieg des Lichkönigs“, dem Begleitroman zum WoW-Addon „Wrath of the Lichking“. Wir erhalten also Einblicke in Sylvanas Lebensgeschichte von ihrer Kindheit und Jugendzeit bis zu den aktuellen Ereignissen. Diese sind episodisch gehalten und füllen primär Lücken ihrer Hintergrundgeschichte.
Anders als bei Arthas müssen hier weitere 20 Jahre an Story-Entwicklung abgedeckt werden, sodass auf Ereignisse die in den Spielen, anderen Romanen oder sonstigem Quellmaterial behandelt werden, kaum bis gar nicht eingegangen wird. Auf diese wird nur rekurriert, wenn sie für dazwischen liegende Ereignisse überragende Bedeutung hatten – wie Sylvanas Verwandlung in eine Untote – ansonsten werden sie nur knapp zusammengefasst oder gar nicht weiter erwähnt. Wer also die Geschehnisse des cross-medial weit gestreuten Handlungsmaterials nicht präsent hat, ist aufgeschmissen.
Konzeption der Geschichte
Es wird aber noch ungewöhnlicher. Die Rahmenhandlung des Romans spielt größtenteils noch während der Ereignisse vor dem ersten großen Shadowlands-Patch „Chains of Domination“. Nur am Ende kehren wir für eine abschließende Reflexion für wenige Seiten an das Ende von Shadowlands zurück. Die Kohärenz von Sylvans Geschichte leidet deutlich unter den vielen Lücken, den verschiedenen Zeitebenen und lässt eben auch ihre Gedanken zu vergangenen Ereignissen aus, sofern sie nicht zum Themenkomplex von Shadowlands selbst gehören. Die Rahmenhandlung umfasst nämlich den Versuch der Banshee Anduin, den jungen König der Allianz und Hauptgegenspieler im vorangegangenen Addon „Battle for Azeroth“, davon zu überzeugen, sich ihrer Sache anzuschließen.
Anduin ist seit dem Beginn von Shadowlands ein Gefangener im Schlund, dem Warcraft-Gegenstück der Hölle, in das die Seelen geworfen werden, die als unrettbar verdorben gelten. Sylvanas hatte sich mit dem Kerkermeister dieses Seelengefängnisses verbündet, um die vermeintlich große Ungerechtigkeit des Kosmos zu beheben. Dazu brauchen sie Anduin als Werkzeug. Um ihn zu überzeugen, beginnt sie ihre Lebensgeschichte vor ihm auszubreiten einschließlich der Ereignisse und Entscheidungen, die die beiden zu diesem Punkt geführt haben.
Diese Erinnerungen bilden dann das Fleisch des Romans. Zwischen den Kapiteln kehren wir immer wieder zur Rahmenhandlung und dem Zwiegespräch zwischen Sylvanas und Anduin zurück, in dem über das Erzählte reflektiert wird. Auch wenn der junge König seine Gegenspielerin und ihre Motive zu verstehen beginnt, so kritisch steht er jedoch ihren Taten und Plänen gegenüber, weshalb diese Lebensbeichte für die Banshee auch immer mehr zu einem Versuch wird, ihre Lebensentscheidungen vor ihm und vor allem vor sich selbst zu rechtfertigen.
Blizzard im Rechtfertigungsmodus
Rechtfertigung ist deshalb ein gutes Stichwort, um eine Erklärung für Blizzards seltsame Veröffentlichungsstrategie zu finden. Weder leitet der Roman in das Addon ein, noch schließt er es ab, indem er die Folgen der Handlungsereignisse beleuchtet. Wenn in der Vergangenheit Romane zu einem Addon erschienen, hatten sie eigentlich häufig diesen Zweck oder dienten dazu, Hintergrundwissen aufzufrischen oder zu etablieren. Anders als beim Arthas-Roman, der die Geschichte des gefallenen Prinzen vor dem Erscheinen des Addons noch einmal ins Bewusstsein der Spielerschaft rief, erschien Sylvanas erst, nachdem das Addon bereits vorüber war. Warum also ihre Lebensgeschichte noch einmal anfassen? Der Grund dürfte die Reaktion der Spieler darauf sein, wie Blizzard ihre Geschichte mit Battle for Azeroth und Shadowlands weitergesponnen hatte.
Und die Gründe für Beschwerden der Spielerschaft waren mannigfaltig. Nicht nur gab es nach Pandaria einen weiteren von der Horde, einer der beiden großen Fraktionen auf Azeroth, initiierten Krieg. Horde-Anhänger waren es langsam satt die Bad Guys des Spiels zu sein. Darüber hinaus sorgte schon die Ernennung von Sylvanas zum Kriegshäuptling in der Community für Unmut. Entsetzen löste dann nicht nur ihr Verrat an der Horde sondern auch „ihren“ Verlassenen, der Untoten-Fraktion, aus. Shadowlands scheiterte dann final daran, aus dem Kerkermeister einen interessanten Gegenspieler und irgendwie glaubhaft zu machen, warum sich Sylvanas ihm hätte anschließen oder jemals vertrauen sollen. Auch der Umgang mit wieder auftauchenden Fan-Lieblingen stieß Vielen sauer auf. Die Spiele sind kurzerhand daran gescheitert, Sylvanas Motivation und Charakterentwicklung seit dem Ende von Wrath of the Lichking adäquat darzustellen und zu erklären.
Zusammenkehren des Scherbenhaufens
Der Roman soll jetzt diese Lücke füllen und wirkt deshalb wie eine späte Rechtfertigung und Erklärung. Er soll nun den Charakter von Sylvanas gerade biegen und expositorisch all die losen Handlungsfäden – und -löcher zusammenschustern, die für den Verlauf der Geschichte in den Spielen aufgerissen werden mussten. Da Sylvanas mit Shadowlands ihren Abgang als Charakter in der Handlung findet, sah man sich deshalb wohl gezwungen, die Erklärungen jetzt nachzuschieben, um einen runden Abschluss zu generieren. Unabhängig davon, wie gut Golden diese Aufgabe gelingt, bleibt damit der Nachgeschmack einer Geschichte, bei der unklar ist, wie stark sie improvisiert werden musste. Der Shadowlands-Handlungsfaden ist spätestens seit dem Addon „Legion“ gelegt, aber ob er tatsächlich schon bis zum Anfang von Cataclysm zurückreicht und Sylvanas seit dem immer schon die war, die wir in den späteren Spielen und im Roman erleben, bleibt fraglich. Dies betrifft auch Schlüsselszenen ihrer Charakterentwicklung.
Ein wirklich gelungener Einstieg
Die erste Hälfte des Romans, der Sylvanas Kindheit, Jugend und ihre Jahre als Waldläufergeneralin behandelt, ist der stärkste Teil des Buches. Da wir über Sylvanas Zeit vor ihrem Tod und ihrer Verwandlung in eine Untote bisher nur wenige Informationen und Andeutungen hatten, die sich dazu noch auf die Beziehung zu ihren beiden Schwestern beschränkten, hat Golden hier die Freiheit, aus dem Vollen zu schöpfen. Sie entwirft eine weitestgehend glückliche, wenn auch nicht konfliktfreie Jugendzeit für Sylvanas, die ihren späteren Sturz in die Dunkelheit gelungen kontrastiert.
Der Abschnitt des Romans ist geprägt von dem interessant ausgestalteten Beziehungsgeflecht innerhalb von Sylvanas Familie, das sich nicht allein auf die komplexe Beziehung der charakterlich unterschiedlichen Schwestern beschränkt, sondern auch das liebevolle Verhältnis zu ihrem ausgeglichenen und geduldigen Vater und das schwierige Verhältnis zu ihrer stoischen, ambitionierten und strengen Mutter ausbreitet, das bestimmend für ihr eigenes Schicksal wird. Es bringt sie auf den Weg der Waldläufergeneralin, der schlussendlich zu ihrem Tod führt.
Golden lässt hier bereits die für Sylvanas später so typischen Charaktereigenschaften einfließen, ihr Talent, ihre stoische Ruhe im Angesicht von Herausforderungen aber auch die Bereitschaft gegen Regeln zu verstoßen und „unsauber“ zu handeln, solange der Zweck am Ende die Mittel heiligt und ihr Unwille sich der Kontrolle anderer zu unterwerfen. Ein Verhalten, das jedoch nicht ohne Konsequenzen bleibt – sowohl für sie als auch die Personen um sie herum. Eine Schlüsselfigur des Romans ist jedoch ihr Bruder Lirath – eine Figur, über die bisher immer nur in Andeutungen gesprochen wurde – und der sinnbildlich für die Hoffnung und Sylvanas Willen steht, das zu beschützen, was ihr lieb und teuer ist.
Verlust als Leitmotiv
Hieraus schöpft die erste Hälfte des Romans auch seine spannendsten Momente, wenn sich der Schatten des Krieges gegen die Orks und Trolle über Sylvanas Heimat und dann schließlich auch über ihre Familie und sie selbst legt. Der ausgedehnte Aufbau einer glücklichen Kindheit wird mit dem Hauptthema von Sylvanas Geschichte kombiniert: der Erfahrung von Tod und Verlust. Verlust von Kontrolle, von dem, was man liebt, von Freunden, von Heimat, von Selbstachtung und schließlich von Hoffnung.
Höhepunkt der ersten Hälfte des Romans und Übergang zur zweiten Hälfte ist dann auch die Invasion ihres Heimatlandes durch die Untoten unter der Führung des Todesritters Arthas, ihr aussichtsloser Kampf und schließlich ihr Tod. Golden beschreibt gelungen introspektiv Sylvanas Transformation, wie ihr ein sauberer Tod verweigert wird, um dann schließlich als willenloses untotes Monster in einer Form letzten Hohns gegen ihr eigenes Volk eingesetzt zu werden, das sie nicht beschützen konnte. Die Besessenheit von Rache an ihrem Peiniger, mit der der zweite Teil des Buches beginnt, wird damit genauso nachvollziehbar wie ihre Rücksichtslosigkeit im Verfolgen dieses Ziels.
Das Elend der Zweiten Hälfte
Doch mit Arthas Tod kommt auch der Roman ins Schlingern, denn hier muss Golden anfangen, die Fetzen aufzulesen und aneinander zu binden, die die erratische Veröffentlichungspolitik von Blizzard hinterlassen hat. Angesichts dieser undankbaren Aufgabe, die ihr hier aufgedrückt wurde, gelingt ihr das auch noch leidlich gut. Da Sylvanas endgültiger Niedergang durch ihren Pakt mit dem Kerkermeister eingeleitet wird, der aber das Charisma eines Stückes Holz hat und eigentlich jedem Dritten so vertrauenswürdig erscheinen muss wie ein schmieriger Hütchenspieler, kann das Endergebnis dennoch kaum überzeugen. Es ist nicht Goldens Schuld, die sich hier ehrlich bemüht, sondern den Umständen geschuldet. Es ist immerhin eine Erklärung für Sylvanas Charakterentwicklung, wenn auch keine gute, mit der man sich eben leider abfinden muss. Leider liegt auch hier der Grund dafür, dass der Roman selbst oder gerade für Fans der Figur Sylvanas dann mit diesem zweiten Teil extrem ungenießbar wird.
Zerstörung einer Charakterentwicklung
Golden muss hier an eine der in der Vergangenheit etablierten Schlüsselgeschichten herangehen und diese völlig umwerten. Die von David Kosaks im Vorfeld zu Cataclysm verfasste Kurzgeschichte „Anbruch der Nacht“ setzt eben an dem Tod von Arthas an und beschreibt die unendliche Leere in Sylvanas nachdem ihr Peiniger der Lichkönig Arthas endlich gefallen ist und die Sinnlosigkeit ihrer Existenz ohne die Rache. Zugleich geht er darauf ein, dass Sylvanas angesichts all der Verbrechen, die sie für ihre Vendetta begangen hat, nicht einmal auf Erlösung im Tod hoffen kann.
Hier fand ein interessanter Wandel in ihrem Charakter statt, in dem sie erstmals seit ihrem Tod wieder so etwas wie Verantwortung für ihr neues Volk, die untoten Verlassenen, zu spüren begann, die sie bis zu diesem Zeitpunkt nur als Mittel für ihre Rache begriffen hatte. Die Suche nach einem neuen Lebenssinn für sich und ihr Volk beginnt und die Entwicklung zu einer richtigen Anführerin, die ihre Untertanen als mehr als nur Mittel zum Zweck begreift. Ein Schimmer von Hoffnung. Ein interessantes Narrativ im Kontext der ganzen Geschichte der Untoten.
Golden ist gezwungen, das hier einzureißen, die Lücken, die diese Kurzgeschichte lässt, dann eben mit dem neuen Plot um den Kerkermeister zu füllen und ihren Sinn in das komplette Gegenteil zu verkehren. Statt einen neuen Lebenssinn zu suchen und aus dem Verlust gestärkt zurück in die Welt zu gehen, gibt Sylvanas sich hier komplett dem Nihilismus hin. Sie verschreibt sich dem Plan, einen von ihr als ungerecht empfundenen Kosmos in Scherben zu schlagen. Ihr Volk betrachtet sie erneut nur als Pfeile in ihrem Köcher. Diese Entwicklung hat schon in den Spielen ihren Charakter zerstört und Golden gelingt es nicht diese Wunde zu heilen, sondern sie muss hier daran mitwirken, sie zu vertiefen. Sehr schade.
Sylvanas als Negativbeispiel
Das Positive, was man dieser Charakterdekonstruktion abgewinnen kann, ist das Sylvanas in einer verdrehten Weise ein Negativbeispiel setzt. Über weite Strecken erscheint sie in dieser neuen Fassung ihrer Persönlichkeit mehr wie eine linke Nihilistin, die eben das Gute und Wahre, für das sie einmal gekämpft hat, völlig aus den Augen verloren hat, um sich erst in blindwütiger Rache und schließlich im (selbst)zerstörerischen revolutionären Kampf gegen ein als ungerecht empfundenes System zu verlieren, bei dem es recht und billig war, um ihr Ziel zu erreichen Traditionen, Völker und jedwede Form von Anstand und Moral zu opfern oder gezielt zu beseitigen. Und das für das vage Versprechen einer nicht näher definierten utopischen Ordnung, die es vielleicht geben könnte, wenn erst einmal alles in Scherben geschlagen ist.
Dazu passt auch ihr Zynismus (wenn auch gepaart mit Mitleid) all jenen gegenüber, die noch bereit waren, für irgendetwas von Wert zu kämpfen. Und dieses Verhalten wird konsequent angeprangert. Golden macht zwar nachvollziehbar, wie Sylvanas so tief sinken konnte, zugleich wird sie in Form von Anduin immer wieder damit konfrontiert, dass ihre Taten und Denkweisen ganz grundlegend falsch sind. Ihr Nihilismus wird also grundsätzlich nie als eine akzeptable Entwicklung präsentiert, was angenehm ist, in einer Zeit, in der die psychologische Ausforschung von Schurken allzu häufig darauf hinausläuft, ihre Taten zu entschuldigen. Aber das ist eben nur ein kleiner Trost gerade für Fans der Figur.
Nur für eingefleischte Sylvanas-Fans zu empfehlen
Abschließend lässt sich festhalten, dass der Roman so durchwachsen ist wie die Entwicklung von Warcrafts narrativem Universum aktuell allgemein. Es ist ein später Versuch, eine irrlichternd entgleiste und dekonstruktivistische Charakterentwicklung einer eigentlich großartigen Figur nachträglich zu erklären und zu rechtfertigen. Golden hat ihr möglichstes versucht und dafür gebührt Respekt. Die lesenswerte erste Hälfte täuscht leider nicht über die vielen Schwächen der stark episodischen zweiten Hälfte hinweg. Warcraft-Fans erfahren über die Welt nicht viel Neues, Neueinsteiger sind hoffnungs verloren und es gibt auch keine geschlossene Geschichte, die das Lesen als reine Fantasy-Kost lohnt. Der Roman ist also eher Anhängern der Figur Sylvanas oder der Verlassenen zu empfehlen und auch das leider nur mit den genannten Einschränkungen.