Die Temperaturen steigen, die Sonne scheint hell vom Himmel, und während Männer wie Frauen lasziv ihre Kleider von sich schmeißen, setzen viele im selben Atemzug eine Sonnenbrille auf. Sie soll vermutlich die Identität des Trägers verschleiern, damit niemand weiß, wer hier halbnackt durch die Straßen läuft. Und ganz nebenbei vielleicht auch die Augen vor dem gleißenden Gestirn schützen, das unbarmherzig vom Himmel brennt. Tatsächlich scheinen die meisten gar nicht zu wissen, daß es zu letzterem Zwecke eine viel bessere Alternative gibt. Doch um diese frohe Botschaft zu verbreiten gibt es ja den Spartabuben.
Und ja: Dieser Artikel ist voreingenommen.
Und nochmal ja: Er ist es völlig zu recht.
Der Hut im Sommer
So grell ist des Sommers Helligkeit, daß es oft kaum zu ertragen ist. Abhilfe muß her, und die meisten kennen nur eine. Daß man mit Sonnenbrille aussieht wie ein unreifer Halbstarker – geschenkt! Hauptsache, das grelle Tageslicht ist ein wenig erträglicher.
Die beschlagenden Gläser, an denen auch gern der Schweiß hinabrinnt und eine gründliche Säuberung alle paar Stunden nötig macht, scheinen gegen die Blendmacht des Taggestirns nur eine kleine Unannehmlichkeit zu sein. Auch die häßlichen Druckstellen, die eine Sonnenbrille auf der Nase hinterläßt, möchte man ertragen, wenn man nur ungehindert die Augen öffnen kann. Obwohl die Sonne auch bei einer Brille unvermindert auf Stirn und Kopf niederbrennen kann, verdunkelt man seine Augen mit getönten Gläsern, die möglicherweise Kurzsichtigkeit fördern können.
Ja, sogar das Streulicht, das seitlich am Glas vorbei auf das Auge fällt, sobald man nicht frontal zur Sonne steht, und das die Sonnenbrille immer dann nutzlos macht, wenn die Straße eine Biegung macht oder man auch nur den Kopf dreht, nehmen viele dankend an, wenn die Sicht nur erträglicher ist in dem einen Fall, daß sie frontal zur Sonne stehen.
Mir als Menschenfreund tun diese traurigen Gestalten leid, weshalb ich ihnen einen einfachen Rat geben möchte: Tragen Sie Hut! Denn sein Träger spart sich all diese Unannehmlichkeiten und erhält noch zahlreiche Vorteile obendrauf. Der Hut nämlich verdunkelt das Sichtfeld nicht gleichmäßig – als intelligente Kopfbedeckung schiebt er seine Krempe zielgerichtet vor die Sonne und beschattet die Augen, während man den Rest der Welt in unverminderter Deutlichkeit wahrnehmen kann. Steht die Sonne niedrig, schiebt man sich den Hut also einfach tiefer ins Gesicht. Läßt die Sonneneinstrahlung nach, kann man den Hut wieder in den Nacken schieben, um volles Sichtfeld zu erreichen. Das ist schon praktisch, wenn man mal darüber nachdenkt.
Muss es immer die Baseballkappe sein?
Dann gibt es noch die Profibaseballer Deutschlands, die von ihrem Sport so überzeugt sind, daß sie ihre Sportbekleidung auch außerhalb des Sportgeländes tragen: Im Sommer die Baseballkappe und im Winter wahrscheinlich die Baseballhandschuhe – für Schneeballschlachten, oder so. Die Kappe dabei regelmäßig in Kombination mit einer Sonnenbrille, vermutlich, weil sie merken, daß die Brille alleine nichts taugt.
Mal abgesehen davon, daß man damit grauenhaft amerikanisch aussieht, liegt diese Baseballkappe auch noch eng auf dem Kopf und gibt damit alle Strahlungswärme direkt an ihn weiter. Sie heizt den Schädel auf wie eine Herdplatte.
Beim Hut dagegen habe ich immer ein Luftpolster zwischen Stoff und Kopfhaut, was immerhin ein bißchen isoliert. Und sollte es doch zu heiß werden, so ziehe ich meinen Hut mit großer Geste vor einer schönen Dame, ernte von dieser ein strahlendes Lächeln, und habe klammheimlich die heiße Luft durch ein neues, kühleres Luftpolster ausgetauscht.
Überhaupt ziehe ich mir den Hut nicht tief über den Kopf, sonders lege ihn nur sanft darauf. Er weht schon nicht davon und wirkt vielmehr wie ein natürlicher Schattenspender.
Positiv Herausstechen
Auf der rein optischen Seite mag man den Hut als aus der Zeit gefallen betrachten. Doch tatsächlich ist er das, was die Kulturgarderobe erst veredelt. Wer Hut trägt, sticht aus der Kaste der Anzugträger deutlich hervor. So viel Feingefühl hat selbst der Durschnittsbürger von heute: Wer Hut trägt, gehört ganz sicher nicht zu dieser Klientel von Politikern, Bankkaufmännern und ähnlichen Gestalten: Er ist Bildungsbürger. Der Hut ist also eine elegante Methode, sich vornehm zu kleiden, ohne mit gewissen Leuten verwechselt zu werden, mit denen zumindest ich mich nicht gemein machen wollte.
Hinzu kommt, daß einem das Gegenüber in die Augen sehen kann, statt in ausdruckslose Brillengläser blicken zu müssen. Ob einem letzteres gefällt, hängt natürlich von der eigenen Empathiefähigkeit und charakterlichen Reife ab.
Und wem der Hut trotzdem zu viel ist, der kann gern zu einer traditionellen Schirmmütze greifen. Vermutlich sind die Punkte, die ich in diesem Artikel zugunsten des Herrenhutes anführe, auch auf verschiedene klassische Mützenformen anwendbar, wie etwa der Prinz-Heinrich-Mütze, der Ballonmütze, Bergmütze, Schieber- oder Schiffermütze.
Allein, da geht noch mehr.
Der Hut trotz den Naturgewalten
Was macht man, wenn noch soeben dreißig Grad strahlender Sonnenschein herrschten, und man plötzlich von einem deftigen Sommergewitter überrascht wird? Dann ist man mit seiner Sonnenbrille aufgeschmissen; schon sind die Haare naß und die aufwändig gestylte Herrenfrisur völlig ruiniert. Von Glück kann dann nur reden, wer an Haarausfall leidet und deshalb gezwungenermaßen Glatze trägt.
Während man gegen die Sonneneinstrahlung womöglich noch über Alternativen streiten kann, so ist die moderne Verfallsbekleidung völlig aufgeschmissen, sobald es an Wind und Wetter geht. Was hat die moderne Garderobe in petto, um das Gesicht vor Regen und Schnee zu schützen? Strickmützen sind völlig nutzlos und Kapuzen bringen auch nur bedingt etwas. Mir fällt tatsächlich nichts weiter ein für dieses, wie ich finde, valide Problem. Dieses Problem war es auch, was mich in erster Instanz zum Hut brachte: Im Winter jeden Tag die Schneeflocken mitten ins Gesicht, ja, in die Augen geblasen zu bekommen, paßte mir gar nicht, und ich beschloß, Abhilfe zu schaffen, indem ich mir einen Hut besorgte.
Und der Hut funktioniert zu meiner Zufriedenheit genau, wie ich es mir erhoffte: Fliegen mir die Flocken gar zu wild ins Gesicht, ziehe ich ihn nach unten. Die Krempe sperrt Schnee und Regen hervorragend aus, und erübrigt das ständige Blinzeln, zu dem man neigt, wenn einem Schnee und Regen direkt ins Gesicht peitschen.
Der Hut im Winter
Und wo wir eben bei Schnee und Regen waren, wollen wir uns doch auch noch die eisigen Temperaturen ansehen. Im Winter sieht man die Leute nämlich häufig mit Daunenjacken aus Plastik und Strickmützen durch die Gegend laufen. Und immer frage ich mich, wie ein erwachsener Mensch sich ohne Not so kleiden kann. Auch wenn die Bommelmütze tatsächlich militärischen Hintergrund hat, wirkt sie so weich und weiblich, daß ein Mann so etwas doch kaum tragen kann – auch ohne Bommel.
Seinen Schädel, über den man, gerade mit kurzen Haaren, besonders viel Wärme verliert, der eisigen Winterluft auszusetzen, erscheint ebenfalls nicht verlockend. Und wieder gibt es den Hut, der zwar nur eine dünne Schicht Stoff ist, oft nicht einmal gefüttert, der aber trotzdem genug wärmt, um sich nicht mehr beklagen zu müssen. (Sicher: Bei -30°C kann einem nur noch eine Russenmütze helfen, aber das sollte für Mitteleuropäer ja kein Problem sein, solange man nicht am nächsten Rußlandfeldzug teilnehmen will.)
Außerdem ist der Hut winddicht, was Strickmützen eben nicht sind, und was mich an diesen immer störte: Was nützt mir die Mütze, wenn mir der Wind dann durchpfeift, als wäre sie gar nicht da? Dann soll der Hut halt weniger Kopf bedecken, den dann aber richtig. Dann frieren die Ohren eben ein bißchen; allein, mir ist noch keines abgefroren. Ich würde jedenfalls sagen, daß er der Strickmütze in nichts nachsteht.
Ein paar Worte zur Optik
Völlig trivial ist das Huttragen dann doch nicht, zumindest, wenn man sich nicht zum Clown machen will, oder mit seinem Hut aussehen wie ein Zuhälter, Hipster oder Gigolo. Deshalb wollen wir uns zum Schluß noch ein paar Grundregeln zum Huttragen ansehen. Als Ausgangspunkt soll uns das folgende Bild dienen.
Man sieht den Unterschied sofort.
Und es ist nicht nur der Hut, der diesen Unterschied bewirkt. Es ist das Gesamterscheinungsbild. Frisur, Bart, Körperfett, Kleidung, Krempenbreite sowie Muster und Stoff der Hüte unterscheiden sich links drastisch von denen rechts. Es reicht also nicht, sich einen klassischen Herrenhut aufzusetzen, wenn man ansonsten nicht nach klassischem Herr aussieht. Ein wenig muß man schon weg von der modernen Antikultur.
Es gibt Leute, die sagen gar, man bräuchte zum Huttragen unbedingt eine Kurzhaarfrisur und Glattrasur. Das würde ich mit Blick auf Kai Brandhorst verneinen.Und auch die AfD hat mit Thomas R. Deutscher einen Stadtrat, der beweist, daß ein prächtiger Bart hervorragend zu einer traditionellen Kopfbedeckung passen kann. Man kann zum Hut also sehr wohl Bart tragen, oder lange Haare haben. Auch einen kompletten Anzug braucht man nicht – im Hochsommer wäre das ohnehin nicht besonders angenehm.
Aber man kann sich nicht alles erlauben, ohne lächerlich zu wirken. Die Gesamtkomposition muß stimmen. Bunte Leibchen und Kapuzenüberzieher haben nichts mit traditioneller Herrenmode zu tun, und deshalb empfindet jeder sie als unpassend zu einem Hut. Am besten bleibt man immer bei schlichten, gedeckten Farben, wenn man nicht gerade den Joker cosplayen will.
Den tiefer Interessierten sei darüber hinaus die Serie des wunderlichen Herrn Wangenheim anempfohlen, der das Huttragen besonders für den Gentleman des 21. Jahrhunderts elaboriert:
Fazit
Während man in moderner Verfallsbekleidung je nach Jahreszeit Sonnenbrille, Baseballkappe oder Strickmütze benötigt, um sich gegen das Wetter zu schützen, bedarf der Kulturmensch nur seines Hutes, den er das ganze Jahr über tragen und mit scharmantem Lächeln für Damen lüften kann. Daß heute nur noch wenige darauf zurückgreifen, kann eigentlich nur an Unwissenheit liegen. Man hat vergessen, welch elegante Lösungen es auf Probleme des Alltags gibt, und weiß gar nicht, wie kompliziert und unnötig viele moderne Lösungen sind.
Dem immerhin ein kleines bißchen entgegenzuwirken, war das Anliegen dieses Artikels. Vielleicht hat jetzo der eine oder andere Lust bekommen, sich einen Hut, oder eine unauffälligere Schirmmütze zu kaufen, um auszutesten, ob der Spartabube nicht nur Blödsinn schwätzt in seinem Artikel.