25 Jahre Anno 1602, der perfekte Anlass einmal zu erzählen, wie ich Anno 1800 nach kurzer Zeit deinstallierte und stattdessen zum viel älteren ersten Teil griff.
Anno 1800 – Nicht das Richtige für mich
Der mittlerweile siebte Anno-Teil setzt mit dem Thema der Industrialisierung auf ein unverbrauchtes Szenario und kann dazu mit aktueller 3D-Grafik aufwarten. Das klingt spannend, also wollte ich ihn auf jeden Fall ausprobieren. Schnell setze jedoch die Ernüchterung ein: Ich hatte den Eindruck, meine Insel lieblos mit Häusern und Fabriken zuzupflastern, um die nächsten Gebäude freizuschalten. Die Atmosphäre war bei weitem nicht so beschaulich und gemütlich wie bei den älteren Spielen der Serie.
Auch die Umsetzung mit der „Neuen Welt“ gefiel mir nicht. Zuerst einmal muss man die Neue Welt entdecken, wozu man Schiffe auf Expeditionen losschickt. Darauf folgen in unregelmäßigen Abständen Ereignisse, bei der man in der Manier von Pen & Paper Entscheidungen trifft und etwas Glück haben muss. Die Rohstoffe auf dem Schiff fungieren dabei als eine Art Skillpunkte für Fähigkeiten, z.B. Fleisch erhöht die Kampfkraft, Bier die Redegabe und Brot den Glauben. Das wirkt für mich dann doch etwas konstruiert. Muss ein Aufbauspiel wirklich solche Rollenspielelemente haben? Die aufploppenden Meldungen empfand ich dann als Ärgernis, welches mich aus meinem Spielfluss reißt.
Zu groß, zu viele Karten, zu viele Features
Allgemein hatte ich den Eindruck, dass es um den Aufbauaspekt herum allerlei zusätzliche Spielmechaniken gibt (Öffentliche Meinung beeinflussen, Quests etc… ), die es eigentlich nicht braucht. Scheinbar wollte man sich neue Zielgruppen erschließen. Im Gegensatz dazu erschienen mir die zentralen Aufbauelement nicht so fein aufeinander abgestimmt zu sein. Da braucht es kein Fingerspitzengefühl, sondern der Holzhammer reicht aus.
Auch, dass man später zwischen den Karten (Alte Welt/Neue Welt) herumschalten muss, empfand ich als nervig. Wie soll ich den Überblick behalten, wenn ich ständig hin und her wechsel? Das es anders geht, hatte ja bereits Anno 1404 gezeigt, wo der Orient auch auf der gleichen Karte liegt.
Und weil ich mit DLCs spielte, erschien nach einer Expedition auch noch eine dritte Karte (Cape Trelawney)! Da wurde es mir zu viel. Zum Glück war vor einigen Monaten die History Edition von Anno 1604 erschienen, die das Spiel für 4K-Bildschirme aufbereitet, ohne dabei die Spielmechaniken zu verändern. Jetzt wollte ich es wissen: Ist das Original wirklich besser?
Wie ich als Kind in Anno 1602 gecheatet habe
Schon als Kind habe ich mir Anno 1602 gekauft und gespielt. Ich erinnere mich noch, wie ich relativ am Anfang stecken blieb, weil ich nicht wusste, dass man im Kontor Handel betreiben kann. Denn mit den initialen Werkzeugen allein ist es unmöglich, alle Gebäude zu bauen, die für eine eigene Werkzeugproduktion und damit für die Fortsetzung des Spiels nötig sind. Und dann habe ich, ja da bin ich nicht stolz drauf, gecheatet und mir die fehlenden Rohstoffe einfach so geholt. Seht es mir das bitte nach, ich war ja noch ein Kind!
Als ich das Spiel nach Jahrzenten wieder begann, war natürlich mein oberstes Ziel, es diesmal ohne Schummeln durchzuspielen. Mit „Durchspielen“ meine ich, in einem Endlosspiel alle Gebäude zu errichten und alle Computerspieler zu besiegen.
Zwei Anläufe zum Erfolg
Aber schon bei meinem ersten Anlauf beging ich einen fatalen Fehler. Ich errichtete meine Stadt genau unter einem Vulkan, den ich lediglich für ein hübsches Dekoelement hielt. Ein folgenschwerer Irrtum! Erst als meine Stadt in Flammen stand und verwüstet wurde, musste ich schmerzlich lernen, dass es wohl doch Spielmechaniken gibt, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. Da hätte ich besser aufpassen müssen.
Doch beim zweiten Anlauf lief dann alles wie am Schnürchen. Meine Stadt wuchs und gedieh. Die Computerspieler waren chancenlos, weil ich natürlich die englische Geschichte kenne und mir so früh es ging die Hoheit über die Meere gesichert habe. Waren die gegnerischen Flotten einmal versenkt, wurden die Handelsschiffe zerstört und schließlich die Insel belagert. Ohne den Transport von Waren keine Wirtschaft und ab dem Zeitpunkt waren die Computerspieler keine Gefahr mehr für mich.
Saubere Spielmechaniken und heimelige Atmosphäre
Ja, Anno 1602 gefiel mit tatsächlich besser, denn es ist genau das Gegenteil von dem mit Features überladenen Anno 1800. Es fokussiert sich allein auf die zentralen Aufbaumechaniken, die aber wiederum in sich sehr stimmig sind. Aufstieg der Bürger, neue Bedürfnisse und neue Gebäude, die Besiedlung von neuen Inseln, all das ist perfekt aufeinander abgestimmt.
Es ergibt sich ein schönes Spielprinzip, bei denen alle Mechaniken ineinander greifen. Auf den kleinen Inselchen ist es wichtig den Platz optimal zu nutzen. Eine schöne Welt in kräftigen Farben, bei der man zusehen kann, wie aus den Pionieren schließlich Aristokraten werden. Natürlich ist auch das Szenario, was es gemütlicher macht. Als Entdecker kleine Inseln zu besiedeln ist nun mal etwas anderes, als eine globale und mechanische Industrialisierung voran zu treiben.
Alles nur mein Geschmack?
Während ich diesen Artikel schrieb, kam Alex auf mich zu und machte mir klar, dass er gerne Anno 1800 spielt und versucht mich von den Vorzügen zu überzeugen. Ich hätte vermutlich auch auf falschen Inselgrößen gespielt… Zu spät! Ich habe mir meine Meinung gebildet und bleibe, zumindest wenn es um Anno geht, bei der alten Schule.
Kleines Manko: Auch wenn die Oberfläche aufgeräumt ist und alles Wichtige zeigt, ist die Steuerung nicht mehr ganz zeitgemäß.