Der ein oder andere wird in unserer Selbstbeschreibung entdeckt haben, dass wir uns als Neurechts nach der Deutung von Christian „Outdoor“ Illner verstehen. Nun ist uns bewusst, dass nicht jedem die Vorträge auf dem Youtubekanal von Illner (z.B. Rechts als Wort und Schicksal, Altrechts-Neurechts) bekannt sind, geschweige denn, dass er in der Gegenuni eingeschrieben ist und dort die entsprechende Verwindung von Rechts und Links gesehen hat. Dieser Artikel dient also dazu, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, ist aber eine Simplifizierung und kann die Verwindung nicht ersetzen.
Warum überhaupt Rechts?
Einfacher als die Erklärung von Neurechts ist die Antwort auf die Frage, warum wir uns überhaupt als Rechts sehen: Das hat sich so ergeben! Wir haben gespürt, dass mit unserer Gesellschaft etwas Grundlegendes nicht stimmt. Dass es viele Fehlentwicklungen gibt, die wir uns nicht erklären können. Also begannen wir nachzuforschen, die Themen anzusprechen, und *Schwups* wurden in die rechte Ecke gestellt!
Wie die meisten sind wir damit aufgewachsen, dass „Rechts schlecht ist“, so hatte man es uns beigebracht und so waren wir im ersten Moment selbst verwundert. Aber dann kamen wir auf die Schliche, dass es etwas Rechtes jenseits der Verleumdung und Nazikeule gibt. Dazu kam, dass wir Gefährten trafen, denen es ähnlich erging. Und gemeinsam beschreiten wir nun geistig neue Wege. Das war der leichte Teil, der im Folgenden argumentativ unterfüttert und ausgebaut werden soll.
Heidegger und die Phänomenologie
Illner ist von Heidegger geprägt und der wiederum verfolgte in seiner Philosophie einen phänomenologischen Ansatz. Wie es der Name bereits andeutet, geht es dabei um die Beobachtung und Beschreibung von Phänomenen, die wir in der Welt wahrnehmen. Anstatt also auf abstrakte und komplexe Theorien zu setzen, wird das intuitiv wahrgenommene Wesen von Gegenständen und Erfahrungen in den Mittelpunkt gestellt.
Mit diesem Ansatz können wir uns auch den Phänomenen „Rechts“ und „Links“ nähern. Stellen wir also die ganzen Theorien und Ideologien des 20. Jahrhunderts hinten an und schauen wir, wie die Begriffe heute verwendet werden. Dabei fällt auf, dass es weder um einen Konflikt der Wirtschaftspolitik noch um einen Dualismus in der Form „Gleichheit vs. Ungleichheit“ geht.
Rechts und Linke – Was können wir beobachten?
Es zieht sich ein Riss durch unsere Gesellschaft. Der Mainstream heftet der Opposition den Begriff „rechts“, „rechsextrem“ und am liebsten gleich „nazi“ an, um sie ausgrenzen und abzuwerten. Da es für diesen Hauptstrom keine rechten Positionen gibt, die er akzeptieren und tolerieren kann, verortet es sich damit (implizit) als links. Wenn wir also im Folgenden von „den Linken“ sprechen, dann ist der kulturelle und gesellschaftliche Mainstream gemeint.
Die Linke stellt sich an die Spitze des Fortschritts, in dessen Namen sie unsere Gesellschaft von oben herab transformiert. Werte und Normen, die über Jahrhunderte und Jahrtausende gültig waren, werden abgeräumt und stigmatisiert. Das geht immer mehr Menschen zu weit. Sie wollen nicht mehr mitmachen, denn sie haben das Gefühl, dass etwas nicht stimmt und das der linke Mainstream falsch und verlogen ist. Daher stellen sie sich gegen die Umgestaltung und wollen sie aufhalten oder rückgängig machen. Der Hauptstrom markiert sie als Rechte.
Rechts ist dabei aber kein rückwärtsgewandter Traditionalismus, denn der Fortschritt geht immer weiter und was noch vor wenigen Jahren normal war, wird heute schon unter Beschuss genommen: das deutsche Volk, Mann und Frau, Grundrechte, eine Ausgleichspolitik zwischen Ost und West, …
Diese radikale Transformation, welche Europa und die Welt erfasst hat, ist auf die Krise der Moderne zurückzuführen. Heute lassen sich alle Werte philosophisch dekonstruieren, bis wir schließlich vor dem Nihilismus stehen und in den Abgrund blicken. Unser technisches Denken führt zu einer Spaltung der Welt in das Subjektive und Objektive, weshalb jede Wahrnehmung des Natürlichen als bloß subjektives Gehirngespinst abgetan werden kann.
Zu Ende gedacht wird dieser Fortschritt auch nicht vor dem Menschen halt machen, denn er lässt sich ebenso dekonstruieren und ersetzen, wie alles andere auch.
Die alte Rechte
Die alte Rechte ist im Wortsinn reaktionär, sie reagiert auf die Umgestaltung der Linken. Aus der Wahrnehmung heraus, dass etwas Gutes und Schützenswertes zerstört und abgeschafft wird, versucht die alte Rechte in einem Abwehrkampf dem linken Progressivismus entgegenzutreten.
Diesem Impuls fehlt jedoch ein geistiges Fundament, denn er speist sich nur aus dem Trotz. Der Abwehrkampf führt zu einer Identifikation über den Feind, anhand dessen die eigene Position ausgerichtet wird. Wer sich aber immer nur mit dem beschäftigt, was aktuell von den Linken angegriffen wird, der verliert den Blick für das Wesentliche und verrennt sich selbst in linken Nebelkerzen.
Je stärker die Bedrohung durch die Linke anwächst, desto radikaler wird die alte Rechte. Das eigentliche Gute, das man bewahren möchte, geht aus dem Blick verloren und stattdessen wird die alte Rechte zu einem Spiegelbild der Linken. Mittel und Argumentationsmuster werden vom politischen Gegner übernommen, um sie im Kampf für sich selbst zu nutzen. Das zeugt von einem technischen Zugriff auf die Welt, obwohl es doch gerade diese Technik ist, die mit ihrem zweckrationalen Denken unsere Welt bedroht.
Ein weiteres Kernproblem der alten Rechten ist ihr Umgang mit dem Nihilismus. Letztlich ist die alte Rechte nicht davon überzeugt, dass die Welt sinnvoll wäre. Sie steht in der Denktradition von Nietzsche, bei welchem der Sinn von Übermenschen in einem Willensakt aus sich selbst geschaffen und der Gesellschaft aufgedrückt werden. Jede Kultur ist damit bloß von (Über-)Menschen aus sich selbst heraus geschaffen worden….und kann genauso wieder zerstört und ersetzt werden.
Der Nationalsozialismus – Verkörperung der alten Rechten
Alle oben genannten Aspekte der alten Rechten lassen sich im Nationalsozialismus finden. Das eigene Land aus Armut und Fremdherrschaft zu führen, den Verfallserscheinungen der Kultur entgegenzutreten, die Zerstörungswut des Kommunismus abzuwehren und einen „Untergang des Abendlandes“ abzuwenden, das waren hehre Ziele.
Doch man übernahm die Strategien der Kommunisten und verwendete sie spiegelbildlich für die „nationale Sache“. Es gab keinen Platz für ein organisches Wachstum der Kultur, sondern sie wurde von oben herab konstruiert. Alles war nur noch auf den Kampf ausgerichtet, bei dem alle Mittel recht waren. Damit hat im NS das Rechte nicht zu sich selbst gefunden, sondern es wurde zum Unrechten, weshalb er letztlich auf allen Ebenen gescheitert ist.
Man vergötterte den „faustischen Menschen“, der in einem Willensakt die sinnlos gewordene Welt füllen sollte. Aber Faust und sein Pakt mit dem Teufel, das heißt mit dem Fortschritt, kann kein Vorbild sein. Aus unserer heutigen perspektive ist es offensichtlich, dass der Fortschritt, welcher erst Europa die Herrschaft über die Welt verlieh, es schließlich selbst zerstört. Die alte Rechte versucht nun krampfhaft einen guten Teil von einem schlechten Teil des Fortschritts zu trennen, weshalb es in ihrem Weltbild immer einen Sündenbock, eine geheime Macht im Dunkeln geben muss, welche die Geschichte manipuliert.
Die heutige Neue Rechte
Erfreulicherweise konnte sich die neue Rechte in einigen Aspekten von ihrem reaktionären Element lösen. Nicht umsonst heißt die bekannteste Publikation in Deutschland „Sezession“. Sich Lossagen und einen eigenen Weg zu beschreiten wird hier über den (politischen) Kampf gestellt. Darüber hinaus nehmen sie den Begriff Rechts an, der ihnen vom Schicksal zugespielt wurde.
Trotzdem können wir noch viele Elemente finden, die der alten Rechten zuzuordnen sind. So stürzt sich die AfD immer zielsicher auf das Thema, dass von den Linken gerade angegriffen wird. Bei der weitverbreiteten „Metapolitik“ geht es, wie der Name bereits sagt, nicht um die Schaffung von Kultur, sondern der Fortsetzung des politischen Kampfes mit anderen Mitteln. Daher verwundert es nicht, dass auch ein militärischer Duktus noch weite verbreitet findet (Ein-Mann-Kaserne, Feldzug-Blog, „Die Besichtigung des Schlachtfelds“, etc…).
Zu guter Letzt fehlt es an einer souveränen, eigenen Weltanschauung. Ideen der Konservativen Revolution werden zwar bewahrt, aber nicht weitergedacht. Das führt dazu, dass der Einzelne sich selbst zurechtfinden muss, weshalb es immer wieder Rückfälle in altrechte Denkmuster gibt. Doch nur eine tiefe Erkenntnis der eigenen Lage kann verhindern, dass die Rechte dem Linken lediglich dabei hilft, die Gesellschaft zu optimieren, um das Projekt des Untergangs noch effizienter betreiben zu können.
Eine zukünftige Neue Rechte
Wir müssen die Geschichte annehmen, wie sie ist, und erkennen, dass es sich um eine sinnvolle Geschichte handelt. Ja, wir erleben Kulturverfall und Niedergang. Aber es spannt sich ein historischer Bogen, der zu unserer heutigen Situation geführt hat. Wir können nicht als Übermensch diesem Prozess trotzen. Aber wir können den Samen pflanzen für einen Neubeginn.
Und ein Neubeginn setzt voraus, dass es zuvor einen Untergang gab. Wir müssen lernen zu akzeptieren, dass wir nicht alles in seiner heutigen Form retten können. Stattdessen müssen wir einen Bruch in der Gesellschaft denken, der für eine Wiedergeburt nötig ist. Erst wenn wir lernen loszulassen, können wir offen werden und die Welt so annehmen wie sie ist.
Eine Rechte, die zu sich selbst gefunden hat und damit ein starkes und positives Fundament besitzt, hört damit auf, immer nur nach dem zu schauen, was die Linke gerade tut. Stattdessen geht es darum, das Wesen des Rechten zu ergründen. Was ist das Wahre, Schöne und Gute? Eine schwierige Frage, die wir uns immer wieder neu stellen müssen.
Die hier beschriebene Rechte steckt bisher noch in den Kinderschuhen, aber das wird sich ändern. Als diejenigen, die in die Geschichte gerufen wurden, ist es unser Schicksal, uns auf die Suche zu begeben.