Involviert sich der Rechte zu sehr in den Kulturkampf, folgt er den Regeln, die die Linken dafür aufgestellt haben. Technisches Nützlichkeitsdenken, wo die Kultur zum politischen Mittel wird, drängt sich immer mehr in den Vordergrund. Am Ende läuft die Rechte Gefahr durch das ständige Starren in den Abgrund linker Zersetzung das Eigentliche – das Gute, Wahre und Schöne – aus den Augen zu verlieren.
Empörungsspektakel
Wer als Rechter Kulturschau betreibt wird unweigerlich auf ein Phänomen stoßen. Während wir generell eine Hegemonie der Linken in kulturellen Dingen hinnehmen müssen, so floriert mit immer größeren Reichweiten eine anti-woke Kultur- und Zeitgeistkritikerszene im Netz. Vor allem englischsprachige Kanäle wie Ryan Kinel, The Quartering, The Yellow Flash oder Overlord DVD/ Lord Doomcock haben es geschafft, sich über die Beschäftigung mit destruktiven linken Einflüssen auf die (amerikanische) Popkultur eine durchaus beachtliche Zuschauerschaft aufzubauen. Letzterer ging den Machern der neuesten Marvel-Abnormität She-Hulk wohl sogar so unter die Haut, dass sie ihn zum Gesicht einer Hassgruppe in ihrer derangierten Serie machten. In Deutschland hat das Phänomen weniger popkulturell-spezialisierte Kanäle, sondern wird von den üblichen politischen Kommentatoren als Teil der Mischberichterstattung mit abgedeckt. Es sind wohl die Weltraumaffen, die im deutschsprachigen YouTube den stärksten popkulturellen Fokus haben.
Dass die ganze kritische Beschäftigung mit linken Inhalten nutzlos wäre, kann man damit zwar nicht sagen, allerdings führt uns das auch noch nirgendwohin. Jeder Versuch, der Linken Kulturgüter und sogenannte Franchises für ihre eigenen Zwecke zu infiltrieren und zu kommodifizieren, führt in schöner Regelmäßigkeit zum Entstehen neuer Kanäle. So hat das „Rings of Power“-Debakel (Amazons milliardenteurer grandios gescheiterter Versuch, Tolkiens Mittelerde in ein Abziehbild der USA zu verwandeln) eine ganze Reihe neuer Akteure geschaffen – vor allem eben Tolkien und Fantasy-Fans – die sich nach dem gewohnten Schema an der Serie abarbeiteten oder den bestehenden Kritikern neuen Content beschert. Allerdings zeigt sich hieran schon das Problem. Nachdem diese Sau durchs Dorf getrieben worden war, fielen diese Kanäle zurück in die Bedeutungslosigkeit, die Empörungskarawane zog weiter zum nächsten woken Ding. Und damit auch die Zuschauer.
Starren in den Abgrund
Während solche Inhalte einen gute Arbeit dabei leisten, ein Bewusstsein für den aktuellen Stand der linken Zersetzung der Kulturlandschaft zu schaffen, tun sie das häufig doch nur sehr sehr oberflächlich. Eine Einordnung unterbleibt häufig, genauso wie ein Blick auf die gesellschaftlichen Konsequenzen oder linke Strategien und Denkmuster, die sich gerade in ihrem Kulturoutput besonders sichtbar niederschlagen. Noch viel wichtiger aber: Bei dieser konstanten Beschäftigung mit dem Hässlichen gerät das Schöne meist völlig aus dem Blick. Sie schaffen nur ein kurzfristiges Outlet für den angestauten Frust ihrer Zuschauer, damit diese weiter funktionieren können. Während Empörung Brot und Butter dieser Kanäle sind, wird dann auch selten darauf eingegangen, wenn Filme, Serien, Bücher oder Spiele dann tatsächlich einmal gut sind oder was stattdessen zu konsumieren ist, um sich geistig zu erbauen. Das hat aber auch damit zu tun, dass die Kanäle über die wir reden selten dezidiert rechts sind und deshalb auch kaum in der Lage, ihren Zuschauern eine Hand zu reichen auf der Suche nach einer alternativen Kulturlandschaft.
Die Abarbeitung an woker Zersetzung ist dann vor allem dies: Arbeit. Sie raubt Kraft. Zeit für das Schöne. Sie ist ein konstantes Starren in den Abgrund. Wo liegen die Fallgruben? Was soll die Rechte stattdessen oder komplementär dazu tun?
Kulturmarxismus: Kunstschöpfung als Machtmittel
Zunächst müssen wir verstehen, wie die Linken auf Kultur schauen. Der Begriff des Kulturmarxismus geht in diesem Zusammenhang um. Auch wenn die Linken selbst gerne behaupten, es handele sich um ein bloßes Schlagwort, gar eine Verschwörungstheorie ihrer rechten Gegner, ist es einfach ein passender Begriff, um die Gesamtheit ihrer politischen Überzeugungen seit der Frankfurter Schule im Hinblick auf die Kultur zu erfassen. Kurz gesagt ist es eine Erweiterung des von Marx geprägten Ausspruches, dass Religion nur das Opium des Volkes sei, also eine Droge, die von den Mächtigen dazu eingesetzt wird, um ihre Völker apathisch und politisch teilnahmslos zu halten und Werte zu vermitteln, die primär ihrer Herrschaftssicherung dienen. Begreift man, dass Kultur wörtlich als auch praktisch ihre Wurzeln in der Religion hat, nämlich im gemeinsamen Kultdienst früher menschlicher Gemeinschaften, so erkennt man den hier gesäten zersetzenden Keim, der bei der Religion eben nicht verblieb sondern konsequent im linken Denken reifte. Im 20. Jahrhundert entstand daraus die linke Kulturkritik im Rahmen der Kritischen Theorie, die heute den Unterbau ihres zeitgenössischen Denkens bildet.
Die gesellschaftliche Realität wird von ihnen vor allem in ein Bild abstrakter Herrschafts- und Machtstrukturen gepresst, das in der vermeintlichen Dichotomie von mächtigen Unterdrückern und ausgebeuteten Unterdrückten resultiert. In marxistischer Weise müssen diese Verhältnisse revolutioniert und transformiert werden. Da alle Ausflüsse dieser Strukturen in den Augen der Linken nichts anderes sind als Träger der Werte und damit Stabilisatoren des Systems, müssen diese kritisiert und angegriffen werden. Kultur und Kulturgüter allen voran, weil ihnen – nicht zu Unrecht – ein Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung und das Denken ihrer Konsumenten zugeschrieben wird. In diesem Denken werden Filme, Musik, Spiele, etc. nicht mehr als eigenwertig oder künstlerisch wahrgenommen, sondern vorrangig als Propaganda.
Kulturrevolution als pathologischer Dekonstruktivismus
Während die klassische Kulturkritik anti-kapitalistisch ausgerichtet war, sind die Rollen von Unterdrückern und Unterdrückten grundsätzlich austauschbar. Der gesellschaftliche Fortschritt erzeugt mit der Weigerung der Realität, sich in ein utopisches Nirvana zu verwandeln, immer wieder neue Arten dieser Dichotomie, wobei häufig genug der Unterdrückte von gestern schon der privilegierte Unterdrücker von morgen sein kann. In der klassischen Lesart war noch der Kapitalismus Ziel der Kritik, der Kulturgüter zu Kulturprodukten verflachte und in ihnen versteckt seine eigene Systempropaganda an die Masse der Arbeiter verkaufte. Ein Vorwurf mit wahrem Kern, der aber an anderer Stelle besprochen werden muss. Der bodenständige Arbeiter aber wurde mit der Zeit zum ungebildeten und rückständigen alten weißen Mann voller Vorurteile und Rassismus. Der junge weiße Mann zum trotetligen Macho oder passiven Sidekick, um den unterdrückten Frauen mehr Zeit im Rampenlicht zu gönnen. Und aktuell müssen Frauen feststellen, dass die Nahrungskette nicht mit ihnen endet, sondern dass sie Platz zu machen haben für Männer im Kleid.
Alles, was zu einem Zeitpunkt als fortschrittlich gilt, kann und wird früher oder später problematisch und damit zum Gegenstand der Kritik werden. Unterhaltung ist bestenfalls Kitsch, gilt aber auch als gefährlich, weil es dem Menschen geistigen Abstand von der als konstant problematisch wahrgenommenen Gesellschaft ermöglicht, anstatt ihn aktivistisch zu erziehen. Als Kunst kann deshalb auch nur das gelten, was die Gesellschaft beständig kritisiert und vor allem dekonstruiert. Kriterien wie Schöpfungsgüte oder Publikumserfolg sind gänzlich unerheblich, womöglich sogar problematisch. Statt Wertaufbau erlebt man hier häufig selbstironischen aber letztlich selbstzerstörerischen Sarkasmus. Die ständige (Kultur)Revolution mit einem fortwährenden Suchen nach neuen Unterdrückern und Unterdrückten ist daher Modus Operandi dieses Denkens. Die daraus folgende Dekonstruktion verwandelt Kulturgüter im Zwischenschritt zunächst in rekonstruierte propagandistisch umgestaltete Perversionen, die ihrer Eigentlichkeit völlig beraubt werden, bevor sie sie letztlich vollständig zu Staub zermahlt. Am Ende steht dann das Nichts. Der Mensch wird damit in einer Schleife konstanter Beschäftigung mit der Hässlichkeit und Schlechtigkeit der Welt gehalten. Aus diesem Morast soll er sich dann durch noch mehr gesellschaftlichen Fortschritt freistrampeln, jedoch ohne das er jemals ein Equilibrium erreicht. Das Verhältnis der Linken zur Kultur ist damit pathologisch und letztlich völlig entropisch.
Die linke Logik des Kulturkampfes
Der Rechte ist nicht nur der weltanschauliche Widerpart der Linken, sondern spürt auch instinktiv die Gefahr, die diese Entropie für alles darstellt, was er wertschätzt. Der daraus resultierende innere Ruf zum Schutz der Kultur und der Werte bringt ihn in Konflikt mit der linken Zersetzungsmaschinerie, die ihn als ihren Feind ausmacht und dem Rechten den Kulturkampf initial aufzwingt. Und hier beginnt das Problem.
Es sind nämlich primär die Linken, die die Regeln des Kulturkampfes festlegen. Dass einem Kunstwerk unabhängig von seiner politischen Intonation eine eigene Wesentlichkeit zukommt, dass es einen Kern hat, der nicht beliebig verändert, angetastet, uminterpretiert oder politisch instrumentalisiert werden kann, erscheint ihnen nicht nur als absurder Gedanke sondern widerspricht auch fundamental ihrem Weltbild. Durch diese Art und Weise, Kulturgüter nur als Propaganda zu verstehen, werden sie im Hinblick auf den Kulturkampf nur mehr technisch als Mittel zum Zweck benutzt. Die eigene Kulturschöpfung wird darauf reduziert, mit der Brechstange politische Botschaften zu transportieren. Beliebte „Franchises“ werden ideologisch infiltriert um sie als Vehikel zu gebrauchen, um an deren Fans heranzukommen und wo das nicht möglich ist oder fehlschlägt, muss das Werk kritisiert, moralisch diskreditiert und letztlich beiseite geräumt werden. Der fortgesetzte metapolitische Machtgewinn ist das, was eigentlich zählt. Die Kulturdominanz ist für sie relevant, das Kulturelle an sich hingegen irrelevant und austauschbar.
Lässt der Rechte sich auf den Kulturkampf unter diesen Bedingungen ein, dann läuft er Gefahr, in ein ähnliches technisches Denken zu verfallen. Er beginnt überall linke Propaganda zu sehen und Werke grundsätzlich schon deshalb abzulehnen, wenn sie auch nur Spuren linken Denkens enthalten. Und wenn er seine Gegenkultur plant, dann begleitet ihn schon der bewusste oder unbewusste Hintergedanke, damit Werbung für die eigene Sache zu machen. Im Wunsch nach mehr eigener Musik oder eigenen Filmen, schleicht sich die Logik eines Wettrüstens ein, wo statt Panzern und Patronen eben die Arsenale an Zeitschriften, Alben, publizierten Büchern, Fernseh- und Radiosendern verglichen werden. Der Modus wird spiegelbildlich zu einer ständigen Suche und Kritik des Linken in der Kultur, wodurch der Rechte beginnt, sich nur noch über seinen Gegner zu definieren, als anti-woke oder nicht-links. Dabei versäumt er, eine Gefährtenschaft zu bilden, ein Verständnis des Rechten zu schaffen und das Feld für eine neu wachsende Kulturlandschaft zu bestellen.
Emanzipation vom Kulturkampf
Es ist daher entscheidend, sich aus dieser technisierten Kriegslogik zu emanzipieren. Das ist gerade auch deshalb nötig, weil ein auf dieser Ebene geführter Medienkrieg von uns strukturell aktuell nicht zu gewinnen ist, dafür ist der Ressourcenvorteil der Linken bereits zu überwältigend. Jeder Versuch läuft darauf hinaus sich in der Abarbeitung am linken Medienzirkus den Kopf immer wieder blutig zu schlagen und derweil nichts Eigenes aufzubauen außer eben Empörkanälen mit flottierender Zuschauerschaft. Ziel muss daher eine geistige Sezession und die Herausbildung einer alternativen neurechten Kulturlandschaft und Kulturbetrachtung sein, die sich nicht primär über das Anti-Linke sondern das Gute, Wahre und Schöne definiert.
Es wäre selbstredend naiv zu glauben, man könne sich dem Kulturkampf gänzlich entziehen, denn gemäß dem alten Ausspruch kann auch der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt. Die politisch-mediale Macht der Linken und ihre Möglichkeiten zur Repression und das Fehlen von finanziellen und strukturellen Mitteln der Rechten sind reale Stolpersteine für das Kulturgärtnern in einer Sezession. Auch erfordert die Sezession das Werthaltige zu bewahren, damit noch etwas da ist, das in die Neue Zeit herüber gerettet werden kann und dies erfordert den Kampf dort, wo die Mühlen der Zerstörung genau dies antasten wollen. Der Kulturkampf verdient in Zukunft damit eine differenzierte Betrachtung, die an dieser Stelle nicht geleistet werden kann.
Das Informieren und das Empören der Öffentlichkeit über die linke Zerstörung der Kultur kann dazu dienen, Personen aus dem System herauszubrechen und für das Rechte zu öffnen. Die ständige Kulturrevolution der Linken produziert ohnehin notwendigerweise immer neue Verworfene. Doch wohin sollen sie sich wenden? Ohne eine Gefährtenschaft, die sie aufnimmt und einer Kulturalternative, die als Leuchtfeuer fungiert, bleiben sie verloren zurück. Sie werden apathisch und apolitisch oder im schlimmsten Fall lauwarme Zentristen. Aufgabe rechter Kulturbetrachtung muss es also sein, Orientierung zu geben und Kraft zu spenden.
Warum Thymos hier ein Schlüsselwort ist und welche Ansätze wir verfolgen wollen, erfahrt ihr im zweiten und dritten Teil unseres Essays.