“Broooforce,- kickin‘ ass for justice and for liberty … for freedom and the flag.” – Nein, das ist kein Zitat einer in Schweiß gebadeten, mit zerrissenem T-Shirt und einer Panzerfaust auf der Schulter ausgerüsteten Strack-Zimmermann auf ihrem Weg an die Ostfront, um die Ukraine von den russischen „Heerscharen aus der Hölle“ zu befreien.
Es ist der Refrain des musikalischen Hauptthemas eines 2015 erschienenen Videospiels namens „Broforce“. Federführend bei dieser Power Metal Ballade war dabei die südafrikanische Metalband Strident, die dieses Lied eigens für das Videospiel geschrieben und vertont hat. Dieses gemäß des Videospiels absichtlich überzogene, theatralische und vom Pathos geschwollene Lied wird der krönende Abschluss sein, hat man sich in Broforce erstmal durch allerlei Dritte-Welt-Shitholes (sowie später auch buchstäblich durch die Hölle) und deren Milizen geballert und dem stolzen Präsidenten der USA mitsamt seines Generalstabes in brüderlicher Manier nach der erfolgreichen Mission die High-Five gegeben. Doch wer und was ist die Broforce eigentlich?
Das Action-Hollywood der 80er – 2000er: „For Freedom and Liberty!“
Unter dem Banner der Stars and Stripes vereint, ist das Motto der sich durch Terroristen, Aliens und Dämonen ballernden Bros unverkennbar: Die Broforce fackelt nicht lange und wird nicht ruhen, bis auch der letzte Ziegen-Connoisseur mittelöstlicher Hellholes (und darüber hinaus) versteht, was es heißt „Freedom, Liberty and Justice“ kulturell in den verminten Pöter angeeignet zu bekommen.
Der Spieler kommt dabei in den Genuss, kleine muskelbepackte „Bros“ zu spielen. Pixelversionen bekannter Actionhelden der 80er, 90er und 2000er, die sich Stück für Stück in den unterschiedlichen Leveln freischalten lassen und jeweils mit den für sie ikonischen Waffen und Fähigkeiten ausgestattet sind. „Indiana Brones“ schwingt beispielsweise seine Peitsche, der „Brobocop“ verfügt über eine automatische Zielvorrichtung oder „Ash Brolliams“ aus den Evil Dead Filmen sägt sich mit der Kettensäge durch die zweidimensionalen Level.
Ein Supermario auf Steroiden
Dementsprechend erlebt man Broforce als seitlich scrollendes Run’n’Gun–Spiel, welches auf eine Pixelgrafik setzt und dessen Inhalt es ist, Feinde zu töten, Kontrollpunkte zu sichern und Geiseln zu befreien. Die Bros spielt man jeweils einzeln und rettet man eine Geisel, so wechselt man auch den Bro nach dem Zufallsprinzip. Besonders empfehlenswert ist das Erlebnis im Koop-Modus: Hat man seine realen Brudis dabei, kann man das Spiel mit bis zu vier Spielern gleichzeitig spielen. Wenn man dann im Spiel nah beieinander steht, können sich die unterschiedlichen Bros mit gegenseitiger Betätigung des Nahangriffs die High-Fives geben, sodass sich bei all dem davon freigesetzten Testosteron Raum und Zeit kurzweilig verändern…
Die Liste der zu spielenden Bros ist dabei lang und gefüllt mit allerlei Referenzen aus Film und amerikanischer Popkultur, und setzt letztendlich auf einen offensichtlich satirischen Ton im Hinlick eines übertriebenen amerikanischen Patriotismus und hypermaskuliner Rollenbilder in Form anti-intellektualistischer Actionhelden. Vor allem aber karikiert das Spiel die aggressive, interventionistische Außenpolitik der Vereinigten Staaten.
Dennoch ist es kein durch und durch politisches Spiel oder durchseucht mit süffisanten, linksphilosophischen Appellen oder Kommentaren einer allzu bekannten linksdeterminierten Kulturindustrie. Genauso sollte man das Spiel aber auch nicht verkrampft als ausschließlich den Amerikanismus verherrlichendes Statement begreifen.
Satire auf die Weltpolizei
So setzt sich die Broforce keineswegs nur aus amerikanischen Patrioten zusammen, sondern findet in ihren Reihen auch ein paar europäische Vertreter kommerziell erfolgreicher Actionstreifen sowie Fantasycharaktere fremder Welten. Dass all dieser Mischmasch am Ende zu einer sich als Weltpolizei aufspielenden „Force“ wird, und dabei äußerst ignorant alles westliche stumpf als amerikanisch zusammenfasst, obwohl der Ami dabei nur ein „Vogelschiss“ der Geschichte darstellt, ist ein Augenzwinkern an all jene, die den amerikanischen Imperialismus nicht nur von Links kritisieren.
Daher ist Broforce wohl eher ein Hoch auf das Actionkino der 80er, 90er und 2000er Jahre. Und ob der geneigte Leser nun gefallen an amerikanischen Hollywoodstreifen findet oder nicht, feststeht: Das Action-Hollywood jener Jahre war ein (zumindest populärkulturell) höchst prägendes Genre, welches allerlei Charaktere und Geschichten um Rambo und Co. hervorbrachte und nunmal aus Amerika stammt.
Außerdem stellt sich an Broforce oder Beispielen wie „Helldivers 2″ heraus, wie sich Überzeichnung und Satire nicht bloß als Mittel zur Dekonstruktion des Altbewerteten und zur Belustigung der sich selbst moralisch Überhöhten anbietet, sondern auch eine gesunde Form der Selbstreflexion und das Vermögen gekonnten Witzes darstellen kann.
Stolz statt Pride
„Humor entsteht, wenn Ordnung durchbrochen wird“, wusste schon Loriot.
Und wenn der spießbürgerliche und steife Vertreter ideologisch vor- und fremdbestimmter linker Wertesysteme in seinem Alleinstellungsanspruch eines hasst, dann ist es die spielerisch humoristische und ungezwungene Auseinandersetzung mit vergangenem bzw. mit ideologischen Alternativen. (Posttraumatische Erinnerungen an einen Stolzmonat erwachen vor dem inneren Auge sich einnässender Puritaner einer linksideologischen Ersatzreligion.)
Broforce kann irgendwo auch als Freiheitsbekenntnis begriffen werden, das den dort gezeigten Patriotismus zwar im Gewand des (persiflierten) amerikanischen zeigt, aber vielmehr stellvertretend sein kann für ein freiheitsliebendes Selbstbewusstsein, allen unterdrückerischen und bevormundenden Mächten den Stinkefinger unter die Nase zu reiben.
Zumal sich anhand dieses Spieles viele zurzeit herrschende Parallelen (und somit auch Widersprüche) eines schwächelnden links-ideologischen Hegemons verdeutlichen lassen, auf Basis derer versucht wird, Kultur zu schaffen und geostrategische Politik zu machen.
Die Regenbogen-Force aus der Nachbarschaft
„Ukraine? More like OURkraine!“ – Nein, auch dieser Satz stammt nicht von Strack-Zimmermann. Es ist der Befehl des grimmigen Generals, der breiter ist als der Türsteher und die Broforce im Laufe des Spiels auf ihre Befreiungsmission in die Ukraine entsendet. Ein recht seltsames Gefühl, wenn einem klar wird, wie sehr hier die Grenzen von Realität und Fiktion zu verschwimmen scheinen.
Und noch viel irrwitziger wird es, realisiert man erst, dass in der Realität anstelle des kriegsgezeichneten Testo-Generals nun abgehalfterte, klapprige „War-Omas“ und gepuderte, feministische Außenpolitiker zum Verheizen junger Männer unter der Regenbogenflagge in irgendwelchen Stellvertreterkriegen aufrufen. Der gemeinsame Konsens ist dabei scheinbar klar: „Blood, sweat and bullets“ für die Demokratie, den Regenbogen und gegen rechts…
Aus der Geschichte und Satire nichts gelernt
Während sich der selbstgefällige Linke mitsamt seiner heuchlerischen Mitläufer und ideologischen Ableger daran aufgeilt, jegliche Form satirischer Kritik an der Politik „alter, weißer Männer“ als scharfsinnigen Subtext fortschrittlichen Denkens in Film und Kunst zu begreifen (und sich somit auch selbst für sonderlich schlau und fortschrittlich hält), fällt dieser sich moralisch selbst aufgegeilte und aufgewertete Pseudointellektuelle in der Realität seiner von ihm lobgepriesenen Satire meist selbst zum Opfer.
Denn was an überheblichem Patriotismus und Pathos in Film und Spielen wie Broforce süffisant belächelt wird, wird für jene pseudoprogressiv Obsessiven zur bierernsten Angelegenheit und interventionistischen Realität, sobald die eigenen ideologischen Wertesysteme (und der damit zusammenhängende Konformitätsdruck) rundum supranationaler Machtkonglomerate oder des großen Regenbogens danach fordern.
Im Rahmen großangelegter, kulturmarxistischer Ideologieprojekte innerhalb einer nunmehr vorsätzlich fragmentierten Gesellschaft wird von irgendwelchen geistlosen Systembonzen, linken, schlaksigen Muttersöhnchen und abgehalfterten alten Emanzen im Kontext heutiger geostrategischer Konflikte (und auch ideologischer Kulturkämpfe im Inneren) die Regenbogen-Broforce beschworen und gemimt, während alle Ebenen der frenetisch nach außen gefeierten „Demokratie“ ausgehöhlt und mit Füßen getreten werden.
Das Broforce in dem wir gut und gerne spielen
Wer Broforce spielt, kann auf all das im Prinzip pfeifen. Zwar zeichnet es bewusst einen (zur Persiflage) idealisierten und äußerst vereinfachten Zustand einer Welt, die so einseitig nie existierte, aber darin liegt ja teils auch die Komik. Und auch von seinem vermeintlich gefeierten amerikanischen Patriotismus sollte man sich aus deutscher, neurechter Perspektive nicht allzu einengen lassen.
Bezüglich dieses augenzwinkernden Werkes scheint der normale Mensch und durchschnittliche Broforce-Genießer diese, der ursprünglichen Satire innewohnenden Kritik am Krieg und an übertriebenen Männlichkeitsidealen verinnerlicht und verstanden zu haben. Er ordnet die Überzeichnung der Actionhelden und dessen praktizierten Patriotismus korrekt ein und kann darüber lachen.
Gleichwohl ist einem jeden instinktiv bewusst, dass auch trotz all der Überzeichnung die (wenn auch sehr stumpf und oberflächig) umrissenen Ideale mehr Sinn ergeben und als erstrebenswerter erscheinen als die linksideologischen Diktate dystopischer Feuchtträumereien von heute. Satire muss eben gekonnt sein und beherrscht werden, sowohl wenn man sie schafft als auch konsumiert,- sonst wird man am Ende nur selbst zur Pointe.
Ein kleiner Stern am Indie-Spiel Himmel
Ein Spiel wie Broforce ist sehr leichtherzig und muss sich nicht hinter tiefsitzenden Prämissen linker Patriotismus- oder Nationalismuskritik verstecken. Es ist ein schlichtes Indie-Spiel, was sich weder dem Regenbogen noch einem scheinbaren Amerikanismus verschreibt, sondern dem reinen Spielspaß und Humor gewidmet ist.
Somit macht es einfach Spaß. Und allein in diesem Umstand könnte manch einer schon im Kontext biederer Gutmenschen und ideologisch steriler Erzieher eine Manifestation rebellischen Selbstbewusstseins erkennen, welches sich aus der (zweifelsohne nostalgisch gefärbten) Erkenntnis speist, dass das Leben und die Kultur früherer Zeiten in großen Teilen einfach mehr Spaß machten und mehr Sinn ergaben, als die ideologischen Diktate der gegenwärtigen Kulturindustrie.