Mit einem Mal bleibt der Lift stehen. Erneut ist der Strom ausgefallen. Was soll Malum Cadeo nun tun? Der Servoschädel, der treueste Begleiter unseres Helden, weiß Rat. Der Space Marine möge doch einfach in die Tiefe springen. Immerhin sei die Überlebenswahrscheinlichkeit „akzeptabel“. Der Servoschädel hat leicht reden. Immerhin kann er schweben… und ist bereits tot. Aber Spoiler: Unser Held überlebt den tiefen Sturz natürlich und auch die Gegner, die bald darauf auf ihn einstürmen.
Wir befinden uns erneut im fernen Jahr 40.000. Malum Cadeo, der mutige Space Marine aus dem Spiel Warhammer 40.000: Boltgun, ist im DLC „Forges of Corruption“ zurückgekehrt, der die Handlung des Hauptspiels nahtlos fortführt. Die Industriewelt Graia leidet noch immer unter der Invasion durch die dämonischen Streitkräfte der Chaosgötter. Es gilt weiter Verräter, Kultisten und Warpgezücht zu vertilgen, auch wenn die Geschichte in einem Boomer-Shooter wie Boltgun nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Neue Schlachtfelder
Tatsächlich fühlen sich die ersten Minuten von Forges of Corruption an, als würde man nach langer Zeit wieder nach Hause zurückkehren. Alles ist sehr vertraut und doch neu. Schon nach kurzer Zeit hat man viele verschiedene Gegner, die man bereits kennt, gesehen und mehrere ebenso vertraute Waffen eingesammelt. Nicht lange und man stößt auf neue Gegnertypen und hält den Raketenwerfer in seinen Händen.
Sofort ist klar, dass der Schwierigkeitsgrad angezogen hat. Klar, der DLC richtet sich ja auch nur an diejenigen Leute, denen das Hauptspiel keine Mühe gemacht hat. Der Einstieg ist erfreulich actionreich. Anders als noch im Original, wo der Beginn sich etwas in die Länge zog, was einen der wenigen Kritikpunkte darstellte.
Wer aber erwartet, dass es ab jetzt immer so weiter geht, der wird ein wenig enttäuscht. Denn was ist wirklich neu im Spiel? Irgendwie sehen die Level nicht ganz anders aus als im Hauptspiel, was allerdings auch logisch ist, schließlich befindet man sich immer noch auf demselben Planeten. Immerhin lassen sich ein paar grafische Neuerungen in der Spielumgebung finden. 40k Fans können sich zum Beispiel an Details wie den Wracks von Leman-Russ-Panzern erfreuen.
Tatsächlich hat Forges of Corruption nur fünf neue Level. Das klingt nach wenig, dafür sind die Level dann aber auch deutlich größer. Insgesamt verbringt man mit dem DLC knapp halb so viel Zeit wie mit dem Original. Das ist für eine Erweiterung auch völlig angemessen.
Mehr Dakka
Was ist tatsächlich neu? Zum einen der Raketenwerfer, der auch im fernen Jahr 40.000 nicht anders aussieht als heute und in vielen anderen Shootern auch – was allerdings den Vorgaben des Settings exakt entspricht. Der Explosionsradius der Raketen ist allerdings größer als in anderen Spielen. Umso gefährlicher ist diese Waffe daher, wenn sie vom Gegner eingesetzt wird.
Zum anderen gibt es nun den Multimelter. Der allerdings ist nicht ganz neu. Der bereits bekannte Melter und der neue Multimelter verhalten sich zueinander wie Bolter und Schwerer Bolter aus dem Original. Das allerdings bedeutet, dass der Multimelter eine riesige Zerstörungskraft entfaltet, auch wenn die Munition knapp ist. Der Kenner mag hier nun bemängeln, dass laut der Hintergrundgeschichte diese mächtige Waffe nur auf kurze Distanzen effektiv ist, während sich im Spiel auch 100m entfernte Gegner zerschmelzen lassen. Dem normalen Gamer dürfte dies aber nicht auffallen.
Wirklich schade ist, dass Malum Cadeo nach wie vor nur ein Kettenschwert mit sich führt. Das ist zwar die klassische Nahkampfwaffe der Space Marines, das Arsenal hätte jedoch weit mehr hergegeben. Andere Spiele, die im 40K-Setting spielen, haben diese Möglichkeiten voll ausgereizt und dem Spieler noch mörderischere Klingen in die Hände gelegt.
Mehr Bolter-Futter
Gerade bei den Gegnern wäre viel mehr möglich gewesen. Nach wie vor kämpft man nur gegen die Anhänger Tzeentchs und Nurgles, die Chaosgötter Khorne und Slaanesh, die Fans aus der Hintergrundgeschichte kennen, tauchen nicht auf. Auch müssten die gegnerischen Chaos Space Marines nicht allesamt der Black Legion angehören, immerhin gibt es im Setting 9 verräterische Legionen. Insider vermissen die Thousand Sons (Tzeentch) und die Death Guard (Nurgle). Ein simpler Skin-Swap hätte schon drin sein können.
Neu sind Chaos Space Marines, die entweder einen Plasmawerfer oder den bereits erwähnten Raketenwerfer bei sich tragen. Dies stellt nochmals eine Steigerung des Schwierigkeitsgrades dar. Bereits im Vorgängerspiel gab es Kultisten, die einen Plasmawerfer mit sich führten. Ohne die mächtige Servorüstung waren sie aber mit nur wenigen Schüssen erledigt, bevor sie ihre tödliche Waffe abfeuern konnten.
Terminatoren im Sturmangriff
Deutlich furchterregender sind die neuen Chaosterminatoren, die nur mit Energieklauen bewaffnet, äußerst flink auf den Spieler zustürmen und im Nahkampf kaum zu bezwingen sind. Hier dürften sich eingefleischte Fans des Franchises freuen. Denn eigentlich marschieren Terminatoren, durch ihre dicke Rüstung perfekt geschützt, ohne Rücksicht auf Deckung, stur auf den Gegner vor und entfalten mit ihren Sturmboltern ein regelrechtes Stahlgewitter. Das allerdings ist geradezu noch angenehm im Vergleich zu der Kraft, die sie mit ihren Energiewaffen auf kurze Distanz entfesseln.
Der klassische Terminator war im Hautspiel bloß mit einer Maschinenkanone bewaffnet, also nicht für den reinen Nahkampf ausgelegt. Letztlich bedeutete dies, dass man Terminatoren meist aus sicherer Distanz ausschaltete und sie keine große Gefahr darstellen. Verschenktes Potenzial! Viel mehr musste man sich vor den Nurglingen fürchten; kleine Dämonen, die dem Helden gerade einmal bis zum Knie reichen, in großen Schwärmen aber eben doch eine Bedrohung waren. Unbefriedigend! Im DLC bekommt der Spieler nun statt kleiner Pestdämonen endlich die eindrucksvollen und einschüchternden Chaos-Terminatoren, die er verdient.
Vorsicht Höllenmaschine!
Neuer Zwischenboss ist der Höllenschlächter, ein mörderischer Kampfroboter. Streng genommen handelt es sich dabei sogar um einen Sarg, denn in seinem Inneren ruht ein verstorbener Chaos Space Marine, der über den Tod hinaus, dank den Segnungen der Technik, weiterkämpfen kann. Während das schon für den Piloten eines Cybots – sein imperiales Äquivalent – nicht angenehm ist, ist die Einbettung in eine solch dämonische Maschine eine Garantie auf eine von Qual und Wahnsinn geprägte Schlachtfeldexistenz.
Der Höllenschlächter ist äußerst robust und schwer bewaffnet – genau so wie er laut Hintergrundgeschichte sein sollte. Er stellt eine ähnlich große Herausforderung dar, wie der Herrscher des Wandels oder der Große Verpester, die Großen Dämonen des Tzeentch und Nurgle.
Der DLC bringt auch Quality of Life-Neuerungen mit sich. Der Servoschädel kann auf Knopfdruck nun die Route zum nächsten Missionsziel anzeigen. Pfeile auf dem Boden weisen den Weg dorthin. Das ist zwar praktisch, aber eigentlich eine Abkehr vom Prinzip des Boomer-Shooters. Derartige Mechaniken sind häufig in modernen Spielen zu finden. Stilecht für einen Boomer-Shooter wäre es hingegen gewesen, eine Minimap an- und ausschalten zu können.
Unnötiges Arenengemetzel
Größte spielerische Neuerung ist der Horde-Modus, den man so ähnlich auch aus anderen Shootern kennt. In dieser Spielvariante stürmen immer neue Gegnermassen auf den Helden ein, was natürlich zunehmend schwieriger wird. In Ermangelung eines echten Multiplayer-Modus können die Spieler immerhin ihre Bestzeiten vergleichen, so dass ein bisschen Wettbewerb entsteht.
Die Arena selbst ist relativ klein und auch wenn zu Spielbeginn noch mehrere Türen verschlossen sind, die sich erst nach und nach öffnen, wird sie nicht richtig groß. Das ist eigentlich schade, denn gerade die regulären Level zeigen ja, dass Schlachtfelder im epischen Maßstab möglich sind. Entweder eine wirklich große Arena, oder aber viele kleinere, die sich dafür aber auch deutlich voneinander unterscheiden, wären hier die bessere Lösung gewesen.
Allerdings stellt sich die Frage, ob man einen Hordenmodus überhaupt braucht. Viele moderne Shooter setzen auf Realismus und eine spannende Geschichte, so dass das pure Ballern manchem Gamer etwas zu kurz kommt. Boltgun spielt sich auch in den normalen Levels fast schon wie der Hordenmodus. Zumindest was diesen Aspekt angeht, kommt man nicht um das Gefühl herum, dass hier der Content künstlich aufgepumpt wird, ohne wirklich etwas Neues bieten zu wollen.
Dennoch: Wer schon am Originalspiel seine Freude hatte, kann mit Forges of Corruption nichts verkehrt machen.