In der Schule gehörte ich zu denjenigen, die eher am Schluss gewählt wurden. Nicht, weil ich fett war, sondern als „Sofakartoffel“ nicht besonders viel Sport trieb. Um nicht nur drinnen zu hocken, begann ich irgendwann zum Ausgleich unregelmäßig Joggen zu gehen.
Die ersten Schritte
Hauptsache mal durchschwitzen. Dazu kann man direkt loslegen, man brauch nicht viel mehr als ein paar Laufschuhe und eine nette Strecke. Relativ schnell kam dann noch atmungsaktive Kleidung dazu, weil es luftig leicht doch viel angenehmer ist als mit klebrigem Baumwollshirt.
Nach etlichen Jahren kam dann einmal ein Firmenlauf (irgendwas um die 6KM) und ich habe mir gedacht: Warum nicht mitmachen und mich dafür auch passend vorbereiten? Gesagt getan. Durch die regelmäßige Übung merkte ich zum ersten Mal schnelle Fortschritte.
Der Tag des Firmenlaufes war einer der heißesten Tage des Jahres, bei 30 Grad durch die Sonne musste ich feststellen, dass ich deutlich langsamer war als während des Trainings. Also die Idee: Wenn ich ab jetzt kontinuierlich 2-mal die Woche Laufen gehe, dann kann mich im nächsten Jahr nichts mehr stoppen!
Schöne Strecken – Nur so macht es Spaß
Finde in der Stadt erstmal eine Strecke von 10KM Länge, ohne ständig an irgendwelchen Ampeln hängen zu bleiben. Man muss schauen, von einem Stadtpark in den nächsten zu wechseln und dabei am besten durch Wohngebiete zu kommen und die Hauptverkehrsstraßen zu meiden. Wenn es nicht anders geht, dann muss man einen Bogen zur Not mehrfach laufen.
Denn um wirklich am Ball zu bleiben ist es wichtig, schöne Laufstrecken in der nahen Umgebung zu finden. Eine Stunde lang auf dem Sportplatz im Kreis laufen, da wird man ja verrückt. Eine meiner Laufstrecke ist direkt vor der Haustür. Sie ist zwar nicht optimal, aber ich kann jederzeit losstarten. Gerade im Winter ist es praktisch, wenn man im Home Office arbeitet, schnell mal zur Mittagszeit zu laufen, wenn es hell und auch etwas wärmer ist.
Dazu kommen Alternativstrecken, die ich bequem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann. Denn besonders zu empfehlen ist es, statt einen Kreis zu drehen von einem Start zu einem Zielpunkt zu laufen. Man spürt die Distanz, was motiviert und Spaß macht.
Mache ich regelmäßig Sport?
Zurück zu meinem Training. In der Zwischenzeit kam Corona und wegen der Maßnahmen gab es auch keine Laufveranstaltungen mehr. Aber dann kam mir etwas in Erinnerung.
Ich war auf einem Stammtisch zu einem Vortragen über das Thema Fitness gewesen. Dabei fragte der Vortragende in die Runde, wer denn von den Anwesenden regelmäßig Sport treibt. Als ich mir gerade selbst auf die Schulter klopfen wollte, wurde noch ein Zusatz nachgeschoben: „Ach ja, regelmäßig Sport, das heißt mindestens 3-mal in der Woche.“ Verdammt! Ich war doch schon stolz auf mein Sportprogramm! Tja, so kann Selbstwahrnehmung und Realität auseinander gehen.
Mit dem Erlebnis im Hinterkopf setzte ich mir ein neues Ziel: Ab jetzt 3-mal der Woche Laufen. Gesagt getan. Ein Jahr späte (realistisch gesehen wohl eher bei 2.8-mal Joggen die Woche) war ich wieder auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Da kam der Gedanke, ich könnte mich doch an einen Halbmarathon wagen. Schnell informiert, welche Läufe es in meiner Region gibt und einen schönen ausgesucht.
Vorbereitung auf den Halbmarathon
Jetzt hatte ich 5 Wochen Zeit für das Training. Was tut man als erstes, um sich vorzubereiten? Richtig, man geht ins Internet und liest sich durch, was von Experten empfohlen wird. Schnell bin ich auf einen Trainingsplan gestoßen mit dem Ziel, einen Halbmarathon in unter 2 Stunden zu schaffen. Aha, interessant. Dann scheint die Marke von zwei Stunden ja ein Ziel zu sein, dass man noch oben drauf setzen kann.
Eine weitere wichtige Erkenntnis: Bereits zwei Wochen vor dem Halbmarathon selbst wird das Trainingskontingent heruntergefahren. Es ist ein Ausdauersport und der Körper braucht genug Zeit um seine Reserven wieder aufzufüllen. Das ist wichtig, denn übermotiviertes Training kann dazu führen, dass am entscheidenden Tag der Saft fehlt.
Dieses Auslaugen habe ich selbst gemerkt. Nachdem ich mein Programm gesteigert hatte (Längere Strecken, Schnelleres Laufen, Intervalltraining) spürte ich nach etwas mehr als zwei Wochen die Effekte eines Übertrainings. Ich fühlte mich demotiviert, hatte ein geändertes Schlafverhalten und konnte auch nicht mehr die Leistung bringen wie zu Beginn des Trainings. Also wieder etwas langsamer machen.
Der große Tag
Anders als beim Training wird man bei einem Wettkampf festgenagelt: Heute muss ich alles geben. Es zählt nicht, was ich vielleicht sonst mal erreicht habe.
In meinem Fall kam noch dazu, dass meine weiteste Strecke im Übungsplan 19KM war und ich sie auch nicht im Wettkampftempo gelaufen bin. Generell bin ich ohne Uhr und Smartphone unterwegs, weil es für mich eine Auszeit von der Technik ist und ich beim Sport auf Körper und Umgebung achten will. Das heißt aber auch, dass ich meine eigenen Zeiten nur grob kenne.
Der Tag des Laufes begann erst regnerisch, aber zum Glück klarte es kurz vor dem Lauf auf und blieb dann auch trocken. Während des Wettkampfs kam dann die Sonne raus und ich geriet so ins Schwitzen, dass ich mein T-Shirt ausziehen musste.
Ausgeruht und motiviert war der Anfang einfach. Aber nach circa ¾ der Strecke konnte ich mein optimistisches Tempo nicht mehr halten und wurde deutlich langsamer. Die letzten Kilometer waren dann extrem zäh. Es fühlte sich nicht mehr an, als ob ich Laufen würde, es war viel mehr ein Kriechen. Nur noch ankommen. Da erblickte ich die Zielgerade, die letzten Kräfte wurden mobilisiert und es war geschafft.
Und das auch noch in unter zwei Stunden! Ich hatte mein Ziel erreicht. Trotzdem wurmt mich mein Leistungsabfall …das geht noch besser. Aber es muss ja nicht mein letzter Halbmarathon gewesen sein.