Die moderne Phantastik ist so verseucht von linkem Gedankengut, daß man sie kaum noch anders denken kann. Die Fürsten dieser mythologisch aufgeladenen Mittelalterwelten haben nur selten ein Standesbewußtsein und jeder König fühlt sich seinen Untertanen so brüderlich verbunden, daß man sich nur noch frägt, wann er endlich abdankt und die Volksherrschaft einführt. Jeder Monarch besitzt das demokratische Weltverständnis des Durchschnittsbürgers von heute – etwas, das ein echter Blaublütiger niemals hat.
Überall laufen kämpfende Frauen herum, die genauso gut und oft noch viel besser kämpfen als ihre männlichen Kollegen. Wie das mit dem halben Körpergewicht gehen soll, wird zwar nie beantwortet, aber daß diese Frauen auch noch ausgesprochen weiblich sind, ist natürlich Ehrensache. Woher der Nachwuchs stammt, wird auch selten geklärt, weil Kinderkriegen viel zu langweilig ist und die Männer ohne ihre Ehefrauen auf dem Schlachtfeld ohnehin aufgeschmissen wären.
Geballte Archaische Männlichkeit
Eine erfrischend andere, ja, geradezu gegensätzliche Perspektive nimmt die von Robert E. Howard entworfene Reihe um Conan von Cimmerien ein. Die Geschichten sind zwar reine Unterhaltungsliteratur, doch offensichtlich von jemandem mit rechter Weltanschauung geschrieben. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer episodenhaften Gestaltung von der üblichen Phantastik, sondern spielen in einer Welt, in der die biologischen Grundregeln noch nicht außer Kraft gesetzt wurden.
Der Film „Conan der Barbar“ mit Arnold Schwarzenegger dürfte den meisten bekannt sein. Und Arnold Schwarzenegger war als siebenmaliger Mr. Olympia sicher nicht die schlechteste Wahl für die Hauptrolle. Conan von Cimmerien, der größte Held des hyborischen Zeitalters, ist ein durch und durch männlicher Charakter. Sogar ein übertrieben männlicher Charakter. Ich möchte ihn nicht toxisch nennen, denn das ist Conan sicher nicht: Er ist männlich in dem Sinne, daß seine archaische Männlichkeit niemals gezähmt wurde. Vom Gift der Zivilisation hat Conan nie getrunken.
Der Barbar ist Hart, Furchtlos, Ehrenhaft
Als Barbar aus dem fernen Norden hat er den größten Teil seines Lebens in rauhen Landschaften zugebracht, um nun auf der Suche nach Abenteuern in die Länder milderen Klimas und höherer Kultur vorzudringen. Die Winkelzüge und auch Heimtücke der sogenannten zivilisierten Menschen sind ihm fremd, und er hat nichts als Verachtung übrig für solch gemeines Verhalten. Statt auf Staat, Militär und Geld zur Lösung seiner Probleme zu vertrauen, verläßt er sich auf seine eigenen Fähigkeiten und auf jene, mit denen er Bruderschaft getrunken hat. Seine Ehre und auch sein Respekt gegenüber dem schönen Geschlecht sind ihm wichtige Ideale.
Sein Erscheinungsbild hebt ihn weit über den Durchschnittsmann hinaus. Er ist ein Hüne von solch animalischer Kraft, daß sie ihn zum vielleicht stärksten Mann seiner Zeit werden läßt. Das sind Voraussetzungen, die den Lebensweg Conans für die meisten von vornherein unmöglich machen – jedenfalls nicht wahrscheinlicher, als es der Erfolg von Schwarzenegger in Körperkulturistik, Schauspielerei und Politik war.
Conan ist furchtlos, wagemutig, ja draufgängerisch, hart im Nehmen und ebenso stark darin auszuteilen. Er schreckt vor keinem Feind zurück und ist gar bereit, Götter herauszufordern. Selbst in aussichtslosen Situationen weigert er sich aufzugeben. Sein Selbstbewußtsein ist gleichauf mit seiner Entschlossenheit. Seine Freiheit ist ihm so wichtig wie das Leben selbst.
Besonders Gelungen: Conan und der Spinnengott
Ein schönes Exemplar der Reihe ist „Conan und der Spinnengott“. Zwar ist dieses Werk ob seines Umfangs keine übliche Conan-Geschichte und nicht einmal von Howard persönlich verfaßt, doch ist ihr zentrales Motiv die Frage nach einer gesunden, zukunftsfähigen Gesellschaft, was sie für Rechte besonders interessant machen dürfte.
Denn in dieser Geschichte rückt eine Frau als wichtiges Gegenstück zu dem wilden Conan in den Mittelpunkt. Diese Jungfrau namens Rudabeh, ein zartes, jugendliches Mädchen nur, ist Leiterin der Tänzerinnen im Tempel von Zath, einer göttlichen Riesenspinne. Auf dem Gelände dieses Tempels sucht Conan Zuflucht als Schmied, und verliebt sich beinahe sofort in Rudabeh. „Sie war groß für eine Zamorierin und sah gut aus, doch war ihre Schönheit nicht die der Frauen, die die Könige für ihr Harem erwählten, sondern rein, gesund und offen.“
Er überredet sie auf einen verzechten Abend außerhalb der Tempelanlage, und liefert die betrunkene Rudabeh spätnachts und vor allem unberührt wieder im Tempel ab. Denn obwohl er sich von der Betrunkenen hätte holen können, was er begehrte, widerstrebt es seinem intuitiven Ehrgefühl, einer Frau auf diese Weise beizuliegen – insbesondere, wenn er weiß, daß sie als Tempeldienerin ein Keuschheitsgelübde zu wahren hat und im nüchternen Zustande niemals einwilligen würde. „Er war stolz darauf, daß er noch nie eine Frau gegen ihren Willen genommen oder betrogen hatte. […] und es war jedenfalls anständiger, Rudabehs Liebe offen und ehrlich zu gewinnen.“
Abenteurer oder Familienvater?
Zwischen Rudabeh und Conan entspinnt sich eine nicht einseitige Beziehung. Conans ungestümem Werben wäre Rudabeh durchaus geneigt nachzugeben, wie sie mehrmals gesteht. Doch will sie nur sein Weib werden, wenn Conan sich häuslich niederläßt. Nicht einmal notwendig als Mitglied des Tempels, aber sie fordert, daß er sein Dasein als Abenteurer und Wanderer aufgibt. „Wenn meine Dienstzeit abgelaufen ist, werde ich einen gutaussehenden jungen Mann heiraten, für uns haushalten und unsere Kinder großziehen.“
Trotz ihrer Jugend hat sie damit eine geistige Reife, die dem älteren Conan fehlt. Denn ihr ist klar, daß Conan ihrer auf seinen Reisen schnell überdrüssig werden und sie am Ende nur sitzen lassen würde, „vielleicht auch noch mit einem vaterlosen Kind“. Mit ihrem Gemahl will sie dagegen eine sichere Zukunft, und kein Abenteuer ungewissen Ausgangs. Conan mag auf seinen Abenteuern ein Dutzend Bastarde gezeugt haben, doch hat kein einziges dieser Kinder ihn je kennengelernt, geschweige denn, daß Conan sein Wissen und seine Fähigkeiten an eines von ihnen weitergegeben hätte. Seine Liebe zur Freiheit gipfelt damit in Verantwortungslosigkeit. Doch Rudabeh ist auch klar: Wenn Conan verspricht, für sie seßhaft zu werden, hält er das auch.
Eine schicksalhafte Entscheidung
Zwar reizt Conan das häusliche Dasein keineswegs, ja, er findet es langweilig und öde, doch zieht er Rudabehs Angebot immer wieder in Erwägung. Immer wieder kehrt er dazu zurück, mit dieser Entscheidung zu ringen. Seine Gedanken drehen sich um die junge Tempeldienerin. Denn es „war sein Verlangen nicht der Hunger nach einer Frau – irgendeiner Frau. […] Dieses Verlangen, diese Abhängigkeit, war Conan neu.“
Und wer kann es ihm verdenken? Rudabeh ist keine Frau, die sich mit Männern in Männersachen messen, oder ihnen durch plumpe Erotik den Kopf verdrehen will. Sie verkörpert im Gegenteil souverän ihre Weiblichkeit und bildet damit das feminine Gegenstück Conans, das dazu fähig ist, Conans Stärke in konstruktive Bahnen zu lenken. Conan und Rudabeh ergänzen sich in geradezu schicksalshafter Harmonie, weshalb es nicht verwunderlich ist, daß sich Conan so außerordentlich stark von Rudabeh angezogen fühlt.
Doch nicht nur seine Liebe hält Conan auf dem Tempelgelände, sondern auch „acht kostbare Opale, jeder so groß wie eine Kinderfaust“, die im Allerheiligsten des Tempels einer überlebensgroßen Statue des Spinnengottes Zath als Augen dienen. Diese zu stehlen lockt Conan nicht nur wegen ihres Werts, sondern auch wegen der Herausforderung und des Ruhms, den er mit dem gelungenen Diebstahl erwürbe.
In den Katakomben stinkt es nach verwestem Fleisch
Als Rudabeh ihn bei seinem Diebstahl auf frischer Tat ertappt, ruft sie nicht etwa die Tempelwache, sondern warnt ihn vor den Priestern, die gerade in diesem Moment in den Tempel streben, um ein Ritual abzuhalten. Zu Rudabehs Entsetzen springt Conan kurzerhand durch eine Falltür in die Tunnel unterhalb des Tempels, just als die Priester das Allerheiligste betreten.
Schon der beißende Aasgestank, der ihn dort empfängt, hätte Conan ein guter Hinweis sein können, lieber nicht hinabzusteigen. Der flackernde Schein seiner Fackel beleuchtet Schädel von Kühen und Gerippeteile, an denen noch Fleisch hängt. Während Conan tiefer in dieses unterirdische Labyrinth eindringt, stößt er „überall auf Knochen und andere Kadaverüberreste.“ In den starken Geruch der Verwesung mischt sich ein weiterer, beißender Geruch, „zweifellos der eines Lebewesens“.
Schließlich erklingt in der Totenstille dieser Gänge ein „wiederholtes schwaches Klicken“, zuerst flüchtig und einer Sinnestäuschung gleich, dann näher und sicher nicht länger nur Einbildung. Ist die Zathstatue im Tempel vielleicht wirklich zum Leben erwacht und folgt Conan nun rachsüchtig durch die Finsternis? Sicher ist der Cimmerier in einem: „Etwas von gewaltiger Größe hatte die Rinder und Schafe verschlungen, deren Überreste in den Tunneln herumlagen.“
Der hypermaskuline Conan weint Rotz und Wasser
Als Rudabeh ihn wenig später aus diesem Loch befreien will und seine Abwesenheit bemerkt, begibt sie sich trotz ihrer Angst in die finsteren Tunnel, um Conan zurückzuholen. Obwohl die Furcht vor dem Spinnengott sie geradezu auffrißt, faßt sie sich ein Herz, um den zu retten, den sie liebt. Und das, obwohl sie noch gar nicht weiß, ob diese Liebe erblühen wird; ob Conan für sie seßhaft wird.
Da erst erkennt Conan vollends, daß er diese eine Frau nicht ob ihres Fleisches begehrt, sondern sich von ihrem Charakter angezogen fand. „Heiße Tränen begannen über sein Gesicht zu rinnen – die ersten seit vielen Jahren. […] Noch nie zuvor hatte jemand das Leben für ihn aufs Spiel gesetzt […]“
Rechte Unterhaltungsliteratur
Im weltanschaulichen Element ist „Conan und der Spinnengott“ weit feinsinniger als die anderen Geschichten, die ich bisher gelesen habe. Doch mit der Erwartungshaltung einer spannenden Abenteuergeschichte sind sie alle zu empfehlen. Sie sind straff geschrieben, entbehren jedes Versuchs, die Geschichte künstlich in die Länge zu ziehen, und wie mit diesem Artikel bewiesen, mag man sogar die eine oder andere Anregung aus ihnen mitnehmen können. Sie sind nicht als Hochliteratur konzipiert, doch die Autoren waren sicher keine Dummköpfe, was man beim Lesen auch merkt, wie ich behaupten möchte. Nicht selten besitzen die Geschichten eine Ästhetik, die haften bleibt – man braucht ja nur an einige Szenen der Verfilmung zu denken, die schon in ihrer visuellen Wirkung das Gemüt nicht kalt lassen.
Wer sich bereits von dem Bewegtbildstreifen mit Schwarzenegger angezogen fand, dem steht hier eine ganze Buchreihe zur Lektüre offen. Denn „Conan der Barbar“ hat nur an der Oberfläche dieses Universums gekratzt. Obwohl der Film aus vielen einzelnen Geschichten zusammengeschustert ist, gibt es noch genug weitere, die nicht einmal angerissen wurden. Enttäuschen dürften die Sammelbände also kaum.
Zwar wird man durch die Lektüre der Conan-Serie schwerlich das philosophische Rüstzeug erhalten, eine weltanschauliche Debatte zu gewinnen. Doch sie bietet die Möglichkeit, eine Welt hautnah zu erleben, die nicht von linker Propaganda beherrscht wird und gemäß archaischer Prinzipien funktioniert. Politische Korrektheit hat hier Hausverbot.