Während wir uns im letzten Artikel auf einer sehr abstrakten Ebene bewegten und vornehmlich mit statistischen Indikatoren der Überbevölkerung beschäftigt haben, werden wir uns jetzt ansehen, wie Überbevölkerung das Leben jedes Einzelnen unmittelbar beeinflußt und beeinträchtigt.
Der Adel flieht die Menschenmassen
Daß die meisten Menschen durchaus nicht freiwillig so leben, wie sie es tun, erkennt man am Verhalten jener Leute, bei denen Geld keine Rolle spielt: Sie leben nicht etwa in kleinen Mietwohnungen, durch deren Wände sie den Nachbarn unfreiwillig beim Kopulieren zuhören dürfen. Das tun nur jene, die keine andere Wahl haben.
Nein, für wen Geld keine Rolle spielt; wer seinen freien Willen und damit auch seine Menschlichkeit uneingeschränkt ausleben kann, der schafft so viel Abstand wie nur irgend möglich zwischen sich und den nächsten Nachbarn. Man kauft sich Villen, Penthäuser, oder ganze Privatinseln. – Dinge, die der Steinzeitmensch nicht gebraucht hat, weil der nächste Nachbar ohnehin Kilometer entfernt war. Der Steinzeitmensch durfte sich uneingeschränkt als Eigentümer all dessen fühlen, worauf er sein Auge zu richten vermochte.
Niemand erwähnt in seinem Traumleben die vollgezwängten Straßenbahnen, wo er jeden Morgen den Körpergeruch von hunderten Fremden inhalieren darf. Die große Freude, die man empfindet, frühmorgens schon wieder im Stau zu stehen, wird auch nicht genannt. Vermutlich, weil eben doch niemand Lust hat auf diese unfreiwilligen Massenveranstaltungen.
Jeder sucht Abstand. Die meisten erfolglos. Nur die Superreichen können dieses Bedürfnis noch befriedigen. Und ihr Bedürfnis ist: ein menschenwürdiges Leben. Doch dafür muß man in Zeiten der Überbevölkerung bereits Millionär sein.
Umweltschutz braucht Raum
Ich habe noch nie in meinem Leben beobachten dürfen, wie ernsthafte Aufforstungsmaßnahmen betrieben wurden. Eine ernsthafte Stärkung von Natur und Umwelt. Ein paar halbherzig gepflanzte Bäume akzeptiere ich nicht einmal als Alibi. Dagegen durfte ich schon oft erleben, wie ganze Wälder kahlgeschlagen werden, wenn es dem Staat wieder in den Fingern juckt, mit dem Holz Kohle zu scheffeln. Wenn es um Bequemlichkeiten der modernen Technologie geht, haut man einfach ganze Alleen um, ohne Rücksicht auf die Natur.
Das braucht nicht zu verwundern: Die Menschenmassen brauchen Platz, und längst gibt es hier nicht mehr genug, um noch im Einklang mit der Natur zu leben, oder ihr auch nur ein Reservat zuzugestehen. Selbst im tiefsten Wald findet man noch Müll und Unrat, weil eben kein Wald mehr wirklich tief ist. Der Mensch hinterläßt überall sein Zeichen, und der unbescholtene Wanderer darf es büßen. Doch statt sich Gedanken um Überbevölkerung zu machen, nimmt der Mensch, denkfaul, wie er ist, Zuflucht zum bequemsten Weg und zerstört lieber den Lebensraum, auf den er angewiesen ist.
Das, was für unsere Vorfahren ganz normal war, nämlich die Natur in ihrer ganzen Pracht zu erleben, ungestört, und wie sie wirklich ist, wird heute völlig unmöglich. Was wir an Wald haben, verdient diesen Begriff kaum noch; es handelt sich um stark bewirtschaftete Forsten. Das natürlichste der Welt wird uns genommen. Das, was jeder unserer Ahnen tagtäglich erleben und woran er sich erfreuen durfte.
Selbst der Sternenhimmel verschwimmt durch zunehmende Lichtverschmutzung. Der Lebensraum, an den wir uns im Laufe von Jahrmillionen angepaßt haben, stirbt. Was uns bleibt, ist eine perverse Seifenblase moderner Technik, die jeden Moment platzen kann.
Ernährung im Einklang mit der Natur
Heute optimiert man Lebensmittel nicht auf Geschmack, sondern auf dem Fernhandel nützliche Eigenschaften. Das ist notwendig, weil aufgrund von Platzmangel kaum noch jemand einen eigenen Garten hat, um alles selbst anzupflanzen.
Äpfel sind ein gutes Beispiel: Der reife, goldgelbe Kornapfel ist im Geschmack absolut unschlagbar. Doch diesen Edelapfel gibt es vielleicht zwei Wochen im Jahr, und dann ist er noch so empfindlich, daß er beim leichtesten Stoß schon braune Flecken hat. Er ist für den Transport gänzlich ungeeignet. Also züchtet man Äpfel, die diesen Transport unbeschadet überstehen – auf Kosten des Geschmacks. Selbst Bioäpfel schmecken oft so grauenhaft, daß sie ungenießbar sind. Erneut geht uns hier ein Genuß verloren, der für unsere Vorväter ganz normal war; die Lebensqualität ist gesunken.
Dasselbe gilt für Fertiggerichte, in denen so viele Zusatzstoffe enthalten sind, daß sie kaum Nährwerte haben und die Leute trotzdem verfetten. Massentierhaltung ist das unmittelbare Resultat aus der Erfordernis, all die menschlichen Mäuler zu stopfen – zu lasten der Qualität. Wer einmal Fleisch gegessen hat von einem Schwein, das auf der Wiese einen Namen hatte, der weiß, welcher Schrott uns hier als Nahrung verkauft wird. Doch für eine artgerechte Haltung ist nicht genug Platz vorhanden, um auch die Nachfrage befriedigen zu können. Die Kapazitäten unseres Lebensraums sind längst erschöpft. Hier leben weit mehr Menschen, als man im Einklang mit der Natur ernähren könnte. Und so bleibt nichts anderes übrig, als die Tiere in perverser Weise einzupferchen.
Verbreitung von Krankheiten
Daß dadurch Krankheiten ausbrechen und Seuchen wüten, ist ein beobachtbares Phänomen, das mit Hygiene auch nur bedingt zu tun hat. Durch die Bank tobten die größten Epidemien der Menschheitsgeschichte in dicht besiedelten Gebieten; niemals dort, wo keiner wohnt – was wenig verwundert. Wenn man keinen Kontakt zu anderen Menschen hat, kann einen keiner anstecken. Am gesündesten lebt der Einsiedler.
Moderne Medizin mag die Ausbreitung von Krankheiten zwar eindämmen und manch alte Seuche, wie die Pocken, sogar ausrotten. Doch dafür sterben wir heute an Krebs, Aids und Autoimmunerkrankungen. Durch standardmäßige Verabreichung von Antibiotika in der Massentierhaltung haben wir Superkeime gezüchtet. Psychische Erkrankungen, die man früher nicht kannte, und für die es bis vor kurzen keinen Namen gab, sind inzwischen der größte singuläre Faktor bei Krankheitskosten. Sind die Menschen heute wirklich gesünder? Oder sind ihre Gebrechen nur nicht mehr ganz so offensichtlich wie einst?
Es ist, als kämpfe die Natur selbst gegen die Überbevölkerung an, und nun, da ihr Pest und Pocken als einstmals scharfe Waffen verlustig gingen, greift sie zu Autoimmunerkrankungen und Depressionen, um den notwendigen Reinigungsmechanismus zu vollziehen.
Millionen Konkurrenten um das Einfamilienhaus
Und wer sollte sich auch über Depressionen wundern, wenn er um den Zustand des modernen Wohnungsmarktes weiß? Sogar in der Architektur zeigt sich das Phänomen Überbevölkerung deutlich. Alles wird bürokratisiert, um der Massen an Menschen Herr zu werden.
Baugenehmigungen sind nur nötig, weil zu viele Menschen existieren, um jeden bauen zu lassen, wie er will. (Inzwischen geht man in wahnhaftem Mikrototalitarismus schon dazu über, den Leuten ihre Heizmaterialien vorzuschreiben.) Mietwohnungen und ganze Mietkasernen werden nötig, weil nicht genug Lebensraum vorhanden ist, jedem ein Eigenheim zu ermöglichen.
Die Kosten für Einfamilienhäuser sind – abgesehen von künstlicher Verteuerung durch staatliche Willkür – nicht hoch, weil die dafür benötigten Ressourcen so selten sind. Einfamilienhäuser sind teuer, weil die Nachfrage enorm hoch ist. Millionen von Menschen treten in gegenseitige Konkurrenz um den Grund und Boden, auf dem das Haus errichtet werden soll. Sie kämpfen um die Steine des Fundaments bis hin zum letzten Dachziegel. Wären es statt 80 Millionen Menschen in der BRD nur 8 Millionen – auch Einfamilienhäuser wären gewiß um einen Faktor 10 günstiger.
Und durch die Mietkasernen ist auch Lärm in unserer Gesellschaft ein ständiger Begleiter. Wenn so viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist immer gerade einer auf den Beinen, um Krach zu machen. Dieser Punkt fügt sich nahtlos in das natürliche Naturerleben ein, das uns bereits verlustig ging. Nicht einmal akustisch darf man sich als Herr über das eigene Empfinden fühlen. Die einfachsten Dinge, die man als Mensch anstreben kann, nämlich einfach in Ruhe gelassen zu werden und vom Rest der Welt nichts mitzubekommen, werden immer schwieriger. Alles zugunsten eines Fortschritts, dessen zweifelhafter Nutzen einfach als Axiom festgelegt wird, und von dem bei nüchterner Betrachtung wenig übrigbleibt.
Wie viele Freunde kann man haben?
Daß die Leute Abstand suchen, ist evolutionär völlig verständlich: Eine Sippe von Höhlenmenschen bestand mit Sicherheit nicht aus mehreren Millionen Mitgliedern, wie sie in Berlin auf einem Haufen leben. Mehr als ein paar verwandte Blutlinien dürften es nicht gewesen sein.
Es kann auch jeder einmal überlegen, wie viele Menschen er als echte Freunde bezeichnen würde; für deren Persönlichkeit er ein tiefes Interesse hegt. Bei manchen mag da eine glatte Null herauskommen, bei anderen 10, bei manchen 20. Aber wer ernstlich meint, mit 100 Menschen wirklich befreundet zu sein, kann wohl nicht ganz richtig sein: Woher nimmt er denn die Zeit, sich dieser Kompanie in der Tiefe zu widmen, die für eine Freundschaft nötig ist? Die Zahl an Menschen, die wir mögen können, ist allein schon limitiert durch die uns zur Verfügung stehende Zeit. Denn Freundschaft benötigt Zeit. Und deshalb kann man keine dreistellige Anzahl von Freunden haben.
Deshalb ist auch die Zahl der Menschen, mit denen man sich gerne umgibt, auf eine Zahl im zweistelligen Bereich limitiert. Alles, was darüber hinaus geht, ist wider die Natur. Und nun denke man wieder an die Bienenstöcke moderner Mietwohnungen, wo man sich mit Dutzenden Fremden dasselbe Dach teilt und doch ganz allein in seiner Wohnung ist. Das ist wider die Natur; eine Vergewaltigung der menschlichen Seele; ein Verbrechen von nie gesehener Grausamkeit. Durch Überbevölkerung allein wird der Mensch entwürdigt und seiner Freiheit beraubt.
Man möchte es auf die Spitze treiben: Mit zwei Individuen pro Quadratkilometer ward der Untergang der Menschheit eingeläutet.
Ausblick
Die Populationsdichte ist kein abstrakter Parameter, der der Welt völlig entrückt ist. Sie ist eine konkrete Größe, die konkrete Auswirkungen auf unser aller Leben hat. Ich sehe es als Aufgabe der Politik, sich mit solchen Erkenntnissen auseinanderzusetzen und sie einer ernsthaften Diskussion zu unterziehen. Stattdessen beschäftigt man sich lieber mit Gurkennormen und Flaschendeckeln. Ein deutliches Sinnbild für den geistigen Horizont moderner Parlamentarier.
Von Rechten, die sich am Wahren, Guten und Schönen orientieren; die dem Menschen ein Leben ermöglichen wollen gemäß seiner natürlichen Bedürfnissen; die den Menschen so akzeptieren, wie er ist, statt ihn in vulgärsozialistischer Manier in eine vorgefertigte Ideologie zu quetschen – von solchen Rechten erwarte ich, daß sie sich mit den Grundlagen dieser Bedingungen auseinandersetzen. Und das sind zuoberst die biologischen Erbanlagen unseres hochgeborenen Geschlechts.