Ein Ami-Film über das Stauffenberg-Attentat mit Tom Cruise in der Hauptrolle? Ich kann eure Bedenken verstehen, doch eins nach dem anderen. Die Verschwörung des 20. Juli wurde in der Bundesrepublik bereits mehrfach verfilmt (1955, 1990, 2004), aber keine der Adaptionen überzeugt. Dann kam Hollywood an die Reihe.
Amis und deutsche Geschichte, geht das?
Bereits der Versuch, sich dem Thema zu widmen, ist erfreulich. Der typisch amerikanische Weltkriegsfilm verkauft uns coole GIs, die selbstlos in den Krieg ziehen um die Welt vor der Flut an teuflischen Nazis zu bewahren. Für die strahlenden Helden der Freiheit sind die Krauts bloß Faschistenschweine, die man entweder als sadistische Nazimonster oder gefühlslose Kampfroboter präsentiert. Wenn wir Glück haben, gibt es noch einen “guten Deutschen”, der von seinem Wesen her ein Amerikaner ist. Mit wem sollen wir uns da identifizieren? Gerade deshalb ist „Operation Walküre“ mit seinem erfrischenden Perspektivwechsel eine kleine Überraschung. Aber kann den Amerikanern eine adäquate Verfilmung überhaupt gelingen?
Erwartungsgemäß scheitert der Film daran, die Männer authentisch in ihrer Zeit zu zeigen. Es ist deutlich zu sehen, dass die Darsteller ihre Rollen nur spielen. Die Szenen sind zum Teil frei interpretiert, wodurch der Film auch noch historisch ungenau wird. Das klingt ungünstig, doch was den Film ausmacht, ist eine einfache Tatsache: Stauffenberg ist der Held. Das Wagnis wird als ein großes und schicksalhaftes Ereignis inszeniert. Jedem Zuschauer wird klar: Das war ein Moment von historischer Tragweite! Und vergessen wir nicht: Erzählungen von Heldentaten waren nie eine exakte Wiedergabe geschichtlicher Fakten. Es ist ganz natürlich, dass sie von den Vorstellungen des Erzählers gefärbt sind.
Stauffenbergs Mut muss anerkannt werden
Die Darstellung Stauffenbergs als Held stellt sich gegen den Zeitgeist, bei dem es zum guten Ton gehört, abfällig über bedeutsame Persönlichkeiten unserer Geschichte zu urteilen. Oftmals werden sie sogar systematisch dekonstruiert. Und gerade Stauffenberg wird immer wieder von links als auch von rechts angegriffen. Aus einer bequemen Wohlstandsposition heraus wird er als Person bzw. seine Tat abqualifiziert und das ausgerechnet von denjenigen, die noch nie in ihrem Leben etwas in die Waagschale geworfen haben. Die Verschwörer hingegen riskierten alles. In den Monaten nach dem gescheiterten Versuch wurden 200 Beteiligte und Verdächtige hingerichtet.
Aus der Perspektive unseres heutigen Wohlfühl-Humanitarismus sind die Menschen von damals nicht zu verstehen. Und dass gerade Amerikaner Schwierigkeiten haben, sich in andere Kulturen hineinzuversetzen, ist eine allseits bekannte Tatsache. Der Film funktioniert, weil er sich auf allen Ebenen zurücknimmt. Tom Cruise ist in seiner Rolle als Stauffenberg sparsam mit Gestik und Mimik. Es gibt keine herbeifantasierten Nebengeschichten und nach einer knappen Vorgeschichte fokussiert sich die Handlung allein auf das Attentat.
Thriller statt historische Genauigkeit
Die amerikanische Art, die Charaktere darzustellen, wirkt zwar manchmal ungewollt komisch, der Film an sich wird jedoch aufgrund seiner Zurückhaltung nie lächerlich. Dafür stand ausnahmsweise einmal ein großes Budget zur Verfügung, um einen Blick in unsere Geschichte zu werfen. Das sieht man ihm an und das hebt ihn über die deutschen Fernsehproduktionen hinaus.
Der Film möchte die einzelnen Figuren gar nicht in ihrer Tiefe durchdringen. Ein Unterfangen, das sowieso zum Scheitern verurteilt wäre. Der deutsche Film „Stauffenberg“ (2004) macht dies überdeutlich: Bereits in den ersten fünf Minuten wird auf eine plumpe Weise versucht, Stauffenberg einzuordnen und in ein moralisches Framing zu setzen. Das ist peinlich und wird ihm in keiner Weise gerecht.
Operation Walküre konzentriert sich also auf eine Stärke Hollywoods: die packende Inszenierung eines Thrillers. Gerade in der zweiten Hälfte, in der sich Stauffenberg mit der Sprengladung in die Wolfsschanze begibt, legt der Film an Spannung noch einmal zu. Damit ist es ihm gelungen, Stauffenberg und seine Tat einem internationalen Publikum bekannt zu machen. Das wollen wir an dieser Stelle honorieren.