Im Kolosseum von Frankfurt glühte im Oktober ein Duell, das die patriotische Szene noch immer in Ekstase hält. Christian Jungwirth, Stuttgarter Hooligan und gemäß Eigenbezeichnung „immer Underdog“, gegen Christian Eckerlin, Frankfurter Hooligan, Hells Angel und Rotlichtgröße. Zwei deutsche Namen, zwei deutsche Gesichter, zwei Lokalmatadore mit Profil, Schneid und wilder Vergangenheit.
„Schneid“ – so definiert ihn der Duden: „Mut, der mit einer gewissen Forschheit, mit Draufgängertum verbunden ist“ – verkörpern die beiden Großstadtgrößen zweifellos. Von Jugend an erarbeiteten sich Christian und Christian ein hohes Ansehen in der erlebnisorientierten Fußballszene und trieben ihre hormonellen Anlagen dort zur vollen Entfaltung.
Beide 1,81 m großen Christians träumten als jugendliche Nachwuchsfußballer von einer Karriere im Ballsport. Durch Jungwirths Verletzung und Eckerlins Vertragsabbruch endeten die beiden Fußballkarrieren früh und verlagerten sich jeweils in die dritte Halbzeit. Als wilde Jungs standen sie sich laut Playboy-Interview bereits 2016 als Legion Süd (VfB Stuttgart) und Brigade Nassau (Eintracht Frankfurt) gegenüber. An diesem Tag sollte die Eins-zu-eins-Situation jedoch vorerst aufgeschoben bleiben.
Acht Jahre später sind die Kontrahenten 36 und 37 Jahre alt. Den Sprung zum Profikämpfer haben sie sich verwirklicht. Inzwischen versorgen beide ihre Familien mit ihrem Verdienst aus dem etablierten Ringsport ganz offiziell. Für Eckerlin ist dieses Geld allerdings eher ein Zuverdienst. Als Bordellbetreiber und Schwiegersohn des Frankfurter Hells-Angels-Chefs Schnitzel-Walter müsste er auch sonst keine finanziellen Nöte befürchten.
Der Aufstieg von Jungwirth
Für Jungwirth sieht es anders aus. Er fand nach Hauptschule, Knast und Fabrikschichtarbeit erst im Alter von 28 zum Boxen und mit 30 zum MMA-Sport. Ein ungewöhnlich hohes Alter, um noch als Sportler erfolgreich zu werden. Nach einer steilen Entwicklung auf der Matte mit dem Stuttgarter Kongs Gym erhielt er kurz vor Corona seinen ersten Sponsorvertrag und kündigte direkt in der Batteriefabrik, wobei ihn das Corona-Berufsverbot zeitweise wieder zurück in die Schichtarbeit zwang.
Nach dieser wirren Zeit wurde „Chris The Kelt MMA“ endlich hauptberuflich im Käfig und auf Instagram aktiv. Seine Kämpfe bei Oktagon waren stets von heftigen Schlagabtauschen geprägt. Sein Kampfstil ist sicher und explosiv, sein Durchhaltevermögen und seine Nehmerqualitäten sind Weltklasse. Die Technik ist zwar nicht die eines von klein auf gelernten Schwarzgurtes, aber mit seinem Wahnsinn zeigt er von Minute null bis 25 volle Angriffslust und Manneskraft.
Im Kampf gegen Palaiologos gelang es dem Gegner, Jungwirths Arm zu kontrollieren – eine hochgefährliche Situation, bei der jeder vernünftige Sportler abklopfen müsste. Nicht so Jungwirth, der den Armhebel bis zur Ellbogenverletzung und Kampfabbruch durch den Ringrichter fortsetzte. „Ihr werdet mich nicht tappen sehen“, war seine Ansage, wie er uns an jenem Tag schmerzlich bewies.
Besonders beeindruckend demonstrierte Jungwirth seinen Willen in der Punktniederlage gegen Veličković. Im Würgegriff des Kontrahenten schüttelte er diesen mit reiner Brutalität auf spektakulärste Weise zu Boden. Aus einem solchen „Choke“ gibt es selten ein heilvolles Entkommen, da beide Halsschlagadern mit diesem Griff derart abgeklemmt werden, dass fehlendes Blut im Hirn zum sekundenschnellen Systemabsturz führt. Doch Jungwirth widerstand. Der durch und durch trainierte Bopfinger Kelte konnte so ein weiteres Mal unter Beweis stellen, dass er „lieber stehend stirbt“ und dass „Helden länger leben“, auch wenn sie unterliegen.
Aus dem kernstabilen Krieger Christian Jungwirth wird mit aller Wahrscheinlichkeit kein Nobelpreisträger mehr – und dies läge nicht allein an seinem zu hohen Alter. Doch als Sportler, der seiner Passion und seinem Talent mit äußerster Disziplin und Opferbereitschaft folgt, seinen verstorbenen Vater ehrt und seinen keltischen Ahnen gedenkt, bietet er indes ein transzendentes Antlitz, für das man keine Lesekreise und Akademien besuchen muss. Über diesen ritterlichen Charakter hinaus liefert Jungwirth gerade für heimische Patrioten einen sanften Tabubruch, den etwa ein Deutscher Fußballbund als zu anrüchig empfände und abwürgen würde.
Deutschlandfahne und Böhse Onkelz
Jungwirths Besonderheit für uns: Mit Deutschlandfahne zieht der Ex-Hooligan in den Ring, harmonisch kombiniert zur Einlaufmusik von den Böhsen Onkelz, deren Lied im Kampfsportpublikum widerhallt, als wäre es der Lausitzring 2005. Legendär ist sein Walk-In bei seinem Heimspiel in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Authentischer Stoff, den das Publikum liebt und das Veranstaltungsmanagement von Oktagon zu unserem Glück kommerzialisiert. So auch am 12. Oktober. Die jungen Männer lieben es, und sie kriegen es – dank tschechischem Veranstalter.
Wie ein Woodstock für unsere lebensdurstige Jugend rief die Schlacht um den Titel „King of Germany“ 58.000 Zuschauer in die Deutsche Bank Arena, das Stadion von Eintracht Frankfurt. Der Fußballverein von Gegner Eckerlin.
Nach sieben mittelmäßigen bis guten Kämpfen füllt sich um 22:00 Uhr auch die Stuttgarter Fankurve, die nur für den einen Kampf gekommen war – wie wohl die meisten Zuschauer an diesem Abend.
Jungwirths Magie für das Publikum
Und dann beginnt die Show: Jungwirth tritt ein, und man spielt seinen herzerobernden Satz: „Ich kämpfe für meine Freiheit, meine Familie und meinen verstorbenen Vater. Papa, ich hab’s geschafft!“
Jungwirth reckt eine Deutschlandfahne empor und läuft mit vollem Fokus zum Ring, während die Gitarren der Onkelz donnern. Das gesamte Publikum erhebt sich und grölt aus voller Kehle zur Einlaufmusik: „Verschüttete Träume, Bilder aus alten Tagen…“. Ein ergreifender Moment, der das Stadion in Wallung versetzt und über die RTL-Kanäle bis in die Schlafzimmer von Millionen Deutschen peitscht.
Die Melange aus Deutschlandfahne und Onkelz kennen die Generationen der 90er und 2000er noch aus den starken Jahren in Bauwagen und Kneipen der Republik. Das schmeckt nach Männerfreundschaft, Sturm und Drang und dem gemeinsamen Traum, eines Tages wieder Freiheit zu atmen. Das riecht nach Schweiß und Kampfeslust, die halbstarken Fantasien von der „Stunde des Siegers“.
Konzert für Eckerlin
Jungwirth steht wie ein unausgelasteter Tiger im kleinen Käfig, wartend und adrenalingeladen, während der multikriminelle Rapper Gzuz auf der abseitsliegenden Bühne noch das Lied „King of Germany“ zum Besten gibt. Als enger Freund des Hells Angels Eckerlin hat Gzuz dieses Lied extra für diesen großen Tag geschrieben. Trotz Prominenz, Bühnenshow und Widmung reicht die Rap-Einlage hier nicht ansatzweise an die Onkelz-Nummer des Kontrahenten heran. Erst nach Gzuz’ Auftritt läuft der Frankfurter ein. Es ertönt ein Herrengesang, der an eine Mischung aus Marschmusik und kommunistischem Arbeiterlied erinnert. Erst wenig später wird uns Angereisten klar, dass es sich um die Eintracht-Frankfurt-Hymne handelt, denn die Frankfurter Gesänge waren vergleichsweise leise, und der Text war für viele unbekannt, verglichen mit der zuvorigen Onkelz-Ekstase.
Wie auch Jungwirth mit seinem VfB-Fischerhut versucht Eckerlin, so die Synergien mit der heimischen Fußballfan- bis Ultraszene zu nutzen.
Die große Schlacht
Über 5 × 5 Minuten streckte sich das Martyrium, in dem Jungwirth spätestens ab Runde 3 Eckerlins versprochene „Hölle von Frankfurt“ zu spüren bekam.
Über 2,5 Runden arbeitete Jungwirth mit seiner konditionellen Dominanz von der Ringmitte, doch fraß immer wieder die Dreier-Jabs des ihn umkreisenden Gegners. Dem trippelnden Eckerlin gelang es durchgehend, von außen Treffer zu setzen und die wenigen, aber harten Schläge von Jungwirth gut wegzustecken. In Runde 3 verlegte Eckerlin die Keilerei dann auf den Boden, wo Jungwirth sich mit viel Kraft unter dem Leib des Frankfurters gerade so bis zur Pausenglocke durchquälen konnte. Anhaltende „Jungwirth! Jungwirth!“-Rufe erklangen aus der im Einklang unterstützenden Menschenmenge. Ab Runde 4 blieb uns Jungwirth-Anhängern bereits nur noch, auf einen K.-o.-Sieg zu hoffen und weiter lauthals zuzujubeln, doch auch in Runde 5 verlagerte sich die Auseinandersetzung auf die Matte, auf der sich ein blutiges Gewühle vollzog, in dem Jungwirth dem Frankfurter klar unterlegen blieb.
Verloren zwar, doch unbesiegt – so unsere Kunde von diesem Auswärtskampf. Erwartbar war es Eckerlins Faust, die der Ringrichter letztlich vor dem Rekordpublikum emporstreckte.
Eckerlin spricht seinen Respekt aus
Verdient gewonnen war dieser Tag für Eckerlin nach eigener Aussage das größte Ereignis seines Lebens – direkt nach seiner Hochzeit und den Geburten seiner Kinder. Mit entsprechend großer Achtung vor Jungwirths Kampfgeist würdigte er dessen Leistung als „Krieger“.
Von der Promo bis nach dem Kampf ließen beide Kämpfer dem jeweils anderen stets Anerkennung zukommen, zumal ihre beiden Wege so viele Parallelen aufweisen. Wahrscheinlich verleitet auch der ethnokulturelle Hintergrund der beiden weniger zu Übertritten, als dies im Boxsport bei multikulturellen Paarungen oft der Fall ist.
Doch welche spezielle Rolle hat der Krieger Jungwirth für uns als Rechte?
Jungwirth und seine Rolle für uns
Jungwirth selbst ist halb Deutscher. Sein Vater war ein schwäbischer „Kneipenschläger“, die Mutter Serbin, seine Ehefrau ist im osmanischen Raum verwurzelt. Wie man seinen Videos entnehmen kann, haben auch viele seiner Freunde Migrationshintergrund, was in der Kampfsportszene Westdeutschlands üblich ist. Doch trotz des bunten Treibens auf den Matten sind Regenbogenfahnen und peinliche Toleranzbelehrungen dort sozial verhängnisvoller als eine rechte Weltanschauung.
Vonseiten muslimischer Sportler erlebt man als stolzer Deutscher dort mehr Wertschätzung als von vielen Einheimischen. Jungwirth und der armenische YouTuber „Ringlife“, die mehrere Interviews miteinander führten, zeigen, dass Achtung für die Leistung des anderen wahrhaftig keine Hautfarben kennt. Auch äußerte sich Ringlife kritisch gegenüber den woken Auswüchsen bei Olympia und der UFC-Presse.
Riskante Jugendsünden
Paradox erscheint in diesem Zusammenhang, dass er sich in seinen jungen Zwanzigern das prominenteste Rudolf-Heß-Zitat tätowieren ließ, während er zu diesem Zeitpunkt mit einer türkischen Frau liiert war:
„Ich bereue nichts. Stünde ich wieder am Anfang, würde ich wieder handeln, wie ich handelte, auch wenn ich wüsste, dass am Ende ein Scheiterhaufen für meinen Flammentod brennt. Gleichgültig, was Menschen tun, dereinst stehe ich vor dem Richterstuhl des Ewigen. Ihm werde ich mich verantworten, und ich weiß, er spricht mich frei.“
In Altrechten Kreisen genießen diese Zeilen spirituellen Charakter und dürften so manche Wand oder verdeckte Hautstelle zieren. So verdeckt allerdings ist die Brust eines MMA-Kämpfers nicht, und so kommen mit der Bekanntheit auch die Denunzianten aus ihren Löchern.
Daher dauerte es für den Profi nicht lange, bis sich in Antifa-Portalen Empörung und Rufmordpläne breit machten. Der Bitte seines besorgten Trainers folgend, ließ sich der aufstrebende MMA-Neuling kurzerhand die ganze Brust mit schwarzer Tinte überstechen, sodass seiner Karriere in der BRD nichts im Wege steht. Er erklärt im Interview mit Ringlife, dass er die Aussage in seinen von Fußballgewalt geprägten Jahren als passend empfand, jedoch nichts mit einer rechten Szene zu tun hatte.
Fußballszene und Kampfsport
Zurück zum geschilderten MMA-Kampf: mit gutem Grund war auch die Bundeswehr dort um Rekrutierung bemüht. Da waren Panzerfahrzeuge aufgestellt und uniformierte Soldaten im Stadion unterwegs, um die jungen energiegeladenen Männer anzuwerben.
Der patriotische Rapper Bloody32 und diverse neurechte Figuren besuchten das Sportereignis. Die meisten mit Kampfsporthintergrund. Jeder Rechte konnte diesen herzerwärmenden Moment volle Inbrust genießen, als 40 000 Deutsche „Auf gute Freunde“ gröhlten. Sämtliche sportaffine Influenzer der neurechten Blase teilten diesen Moment auf Instagram über Wochen nach dem Kampf.
Mit Eckerlin und Jungwirth öffnet sich die Fußballszene dem legalen, aber auch ernsthafteren Kampfsport. Die Zeichen stehen gut, dass lebhafte Jungs den Weg von der Fußballkneipe ins Gym finden und Sonntags lieber einen Muskelkater auskurieren. Mit dem Ereignis in Frankfurt verbinden sich Sehnsüchte und Potenziale, die es in den Blick zu nehmen lohnt. Es gibt wieder etwas zu feiern im Deutschen Sport, es gibt wieder etwas zu Gewinnen für uns Deutsche. Jungwirth ist unser Mann, seine Zeit wird kommen, daran glaubt der 37-Jährige und trainiert schon für neue Ziele.